Bravo-Rufe für das Gastorchester: Niederländer glänzen in Elberfeld
Mark Shanahan dirigierte am Sonntag in der Stadthalle.
Wuppertal. Immer wieder erstaunen junge Musiker aus Aserbaidschan - allesamt scheinen sie mit verblüffender Musikalität gesegnet. Die junge, erst 23-jährige Pianistin Gunel Mirzayeva macht da keine Ausnahme.
Im zweiten Sinfoniekonzert in der Stadthalle hatte sie gestern - zusammen mit dem niederländischen Sinfonieorchester Orkest van het Oosten - Schumanns a-Moll-Konzert im Gepäck.
Die schulmädchenhafte Schüchternheit im Auftreten verliert sich rasch, wenn sie in die Tasten greift: Unter dem Dirigenten Mark Shanahan entfaltet sie die ganze Schönheit des auf das Zusammenwirken mit dem Orchester hin angelegten Werks. Dabei setzt sie durchaus energische Pointen, etwa in der wuchtigen Einleitung oder aber versenkt sich in lyrische Stimmungen - immer auf die Gesamtwirkung bedacht.
Dass manchmal an leisen Stellen die Spannung abzuflachen droht, die Klavierstimme andeutet, wo sie stärker auftrumpfen und individueller gestalten dürfte, mag man der Jugend der Pianistin zugute halten: Der Weg bis zur legendären Interpretation einer Annie Fischer ist weit.
Schön weich gelingt die romantische Idylle des Intermezzo, wo die Klavierlinien die singenden Celli schmeichelnd umspielen. Der Finalsatz im unvermittelten Übergang verlangt der jungen Pianistin Einiges ab: Mit Brillanz im Spiel und rhythmischer Präzision gestaltet sie die erregt-treibenden Dialoge mit dem Orchester. Zu Recht gibt es kräftigen Applaus für die Solistin.
Anton Bruckners zweite Sinfonie c-Moll hört man nicht so oft in Konzertprogrammen. Was schade ist, denn sie birgt alle Ideale des Bruckner’schen Klangkosmos: Farbenreiche melodische Einfälle, sich entwickelnde Themen, strömend sich ausbreitende Klanggestalten, die den Hörer in Wechselbäder der Gefühle stürzt.
Im einleitenden "Moderato" entsteht der Klang aus dem Nichts: So also klingt musikalische Leere. Klagende Hörner beleben die Melodie, beseelt klingen die ausdrucksvollen Celli, ruhig schaffen die Bläser die Gegenbewegung. Das an Dynamik reiche Auf- und Abschwingen leitet der Dirigent mit souveräner Übersicht. Die typischen Generalpausen, die dem Werk den Beinamen "Pausensinfonie" beibrachten, hält er akribisch ein.
Dem feierlichen "Andante" gibt der Dirigent die Ruhe, die es zur Entfaltung braucht und das tänzerische "Scherzo" lässt er in bäuerlicher Wucht stampfen oder zurückgenommen tändelnd schmachten. Das ekstatische "Finale" zeigt noch einmal die Meisterschaft des Orchesters, das wilde Entladung und innige Versenkung so perfekt vermitteln kann. Bravo-Rufe und stehende Ovationen gibt es für das Gastorchester aus Holland.