Opernpremiere Don Giovanni Plus: Verführer zeigt sich als Rockstar

250 Kinder sahen die Premiere von Don Giovanni Plus auf der Opernbühne. Am Ende belohnten sie Sebastian Campione in der Rolle des Leporello mit dem lautesten Applaus.

Foto: Uwe Stratmann/Wuppertaler Bühnen

Wuppertal. Mozarts „Don Giovanni“ ist der sprichwörtliche Verführer. Auf der Wuppertaler Opernbühne war er aber auch ein Rockstar. Don Giovanni-Darsteller Gerardo Garciacano wusste, wie man sein Publikum kriegt. Den Strauß Rosen — leuchtend gelb wie sein Kostüm — hatte er nicht für seine neueste Eroberung mitgebracht. Nein, der war für die gut 250 Kinder, die in der Premiere von „Don Giovanni Plus“ saßen.

Als er die erste Rose zu ihnen hinunterwarf, waren Mädchen wie Jungen aus dem Häuschen. Alle streckten ihre Hände aus und riefen: „Ich! Ich! Ich!“ Und der erwachsene Zuschauer dachte vielleicht an Falcos „Rock me Amadeus“.

„Herzlich willkommen zu Don Giovanni leicht gekürzt!“ stand auf der Leinwand, auf der man danach die deutschen Übertitel der italienischen Gesangstexte mitlesen konnte. „Leicht gekürzt“ war noch untertrieben. Statt dem dreieinhalbstündigem Mozart-Original gab es die von Karolina Sofulak eingerichtete 45-Minuten-Version, die für Operneinsteiger ab 8 Jahre gedacht war.

Ein „Don Giovanni Plus“ war es trotzdem. Was vor allem an dem Sänger Sebastian Campione lag. Der Bassist war nicht nur Don Giovannis Diener Leporello, sondern auch ein Moderator, der zwischen den Szenen Inhalt und Hintergründe der Mozart-Oper erklärte. Komisch war er in beiden Rollen. Seinen Vortrag würzte er mit frechen Bemerkungen. So bekam Mozarts Vater sein Fett weg, der das musikalische Wunderkind wie einen „kleinen Zirkusaffen“ herumgezeigt habe. Als Leporello musste er selber immer wieder einstecken. Running Gag waren seine halbherzigen Versuche, beim tyrannischen Chef zu kündigen. Der sympathische Underdog gefiel den jungen Zuschauern so gut, dass Campione am Ende den stärksten Applaus erntete. Auch sein voluminöser Bass überzeugte.

Der zweite Publikumsliebling war wie erwähnt Gerardo Garciacano, der den Don Giovanni sonst an der Oper Dortmund singt. Ihm nahm man den Womanizer ab, der durch bloße Präsenz seine Mitspieler gefangen nahm. Ausgestattet mit einer Baritonstimme, die bis in die hohen Lagen klar und voll klang, führte er die Widersprüche seiner Figur vor — die Mischung aus Leidenschaft und Gefühlskälte, Draufgängertum und Feigheit.

Don Giovanni konnte nur der von Lucia Lucas gesungene Komtur Einhalt gebieten. Als der weibliche Bariton das letzte Stündlein des Verführers ankündigte, waren die Zuhörer beeindruckt. Garciacano zwang diese energische Stimme buchstäblich in die Knie.

Gastsängerin Emalie Savoy zeigte als Donna Elvira komödiantisches Talent, als sie Don Giovanni wegen seiner Untreue mehrfach in die Mangel nahm. Mühelos gelangen der Sopranistin ihre Koloraturen. Schade nur, dass es ihrem Organ an Artikulationskraft mangelte.

Bei den übrigen Ensemblemitgliedern waren Gesang und Spiel gleich stark. Ob heftig verliebt oder streitend — als Brautpaar Masetto und Zerlina setzten Simon Stricker und Ralitsa Ralinova Akzente. Blieb nur noch das Pärchen Donna Anna und Don Ottavio. Ihre Darsteller Nina Koufochristou und Sangmin Jeon kamen in Sofulaks Version leider nicht richtig zum Zuge.

Auf der Bühne saß das Sinfonieorchester Wuppertal zwar im Hintergrund, doch ihre Musik war immer präsent, stützte die Stimmen und trieb die Handlung voran. Fein gestaltete Johannes Pell die Übergänge zwischen heiteren und dramatischen Szenen und begleitete zwischendurch die Sänger auf dem Cembalo.

Als „Don Giovanni Plus“ vorbei war, forderten die Kinder direkt eine Zugabe. „Sehr, sehr, sehr gut!“, meinte Rehame. „Ich fand’s gut, auch wenn man die Sprache nicht verstanden hat“, ergänzte Jan. Sara fand die Stellen mit Zerlina und Masetto am besten. „Die waren ein schönes Paar!“ Rafik gefielen die Szenen auf dem Friedhof. Und Leporello natürlich.