Von der Heydt-Museum „Unser“ Picasso macht eine gute Figur und ist begehrt in der Welt

Interview Das Bild „Akrobat und Harlekin“ hat eine bewegte Geschichte, die viel mit dem Von der Heydt-Museum zu tun hat.

Gerhard Finckh freut sich über die Baseler Ausstellung, auch wenn er von „Akrobat und Harlekin“ nur ein Poster besitzt.

Foto: Fries, Stefan (fri)

„Akrobat und Harlekin“, Pablo Picassos Meisterwerk aus dem Jahr 1905, hat eine bewegte Geschichte. Es war das erste Werk des Künstlers, das den Weg in ein Museum fand, noch dazu ein Museum in Wuppertal: August von der Heydt schenkte es 1911 dem Museum. Doch dort sollte es nicht bleiben. Die Nazis standen am Anfang einer wahren Odyssee des Bildes. Aktuell ist es wieder unterwegs - die Schau „Picasso. Bleu et Rose“ ist ab Februar in der Fondation Beyeler in Basel zu sehen. Dr. Gerhard Finckh, Direktor des Von der Heydt-Museums, sagt, warum er das Bild so schätzt, ihn die Schau fasziniert und sich Wuppertal und Paris Anfang des 20. Jahrhunderts sehr nah standen.

Was ist auf dem Bild „Akrobat und Harlekin“ zu sehen?

Finckh: Picasso setzt sich hier mit den armen, aus der Gesellschaft ausgegrenzten Menschen auseinander. Obwohl in einem lustigen Beruf schauen beide traurig. Das noch figurative Bild entstand 1905, ist mit 105 mal 76 Zentimetern recht groß. Eine Gouache - mit Aquarell- und Deckfarben auf Karton gemalt.

Welche Bedeutung hat es in Picassos Werk?

Finckh: Es steht an der Schnittstelle zwischen der blauen und der rosa Periode. Es ist malerisch innovativ, zum Beispiel weil Picasso hier die Flächen nicht dicht zumalt. Ein spannendes, psychologisierendes Meisterwerk aus seiner frühen Phase, in der man ihn so sehr liebt.

Wie kam es nach Wuppertal?

Finckh: August von der Heydt und sein Schwager Carl August Jung kauften es für 1200 Reichsmark in der Galerie Marseille & Vildrac in Paris. Von der Heydt schenkte es dem Museum anlässlich seines 60. Geburtstages - das erste Picasso-Bild, das je in eine öffentliche Sammlung kam.

Was bedeutet der Erwerb?

Finckh: Anfang des 20. Jahrhunderts gab es enge Verbindungen zwischen Wuppertal und Paris. In Wuppertal entstand das erste Kaufhaus außerhalb von Paris. An der Schwebebahn arbeitete das Büro von Gustave Eiffel mit. Wuppertaler Unternehmer und Intellektuelle fuhren gerne in die Großstadt Paris. In Elberfeld und Barmen wurden moderne Ausstellungen gezeigt - hier war ein Hotspot der modernern Kunst. Im Unterschied zu anderen Städten. August von der Heydt hatte mit seinem Kauf einen guten Blick - das Bild schlug wie ein Meteor ein.

Dennoch blieb das Bild nicht in Wuppertal.

Finckh: Die Nazis konfiszierten es als entartete Kunst. 1938 wurde es im Luzerner Auktionshaus an den belgischen Sammler Roger Janssen versteigert. Weitere Stationen waren die USA, eine Versteigerung in London, wo es für 66 Millionen Pfund an den japanischen Konzern Mitsukoshi ging. Heute gehört es einem griechischen Reeder, der es dem Kunsthaus Zürich als Dauerleihgabe zur Verfügung stellt. Jetzt war es in der Pariser Ausstellung zu sehen, die ab am 3. Februar in Basel eröffnet wird. Man kann sagen, dass es seit den 90er Jahren durchaus wieder in der Öffentlichkeit zu sehen ist.

Hat das Museum versucht, das Bild wieder zu bekommen?

Finckh: Bei der Versteigerung in London waren meine Vorgängerin, Sabine Fehlemann, und Eberhard Robke dabei, aber sie konnten mit den Summen, damals schon 66 Millionen Pfund, nicht mithalten.

Sie selbst haben sich auch schon um Rückgabe von durch die Nazis konfiszierter Kunst bemüht.

Finckh: Als die Sammlung Gurlitt entdeckt wurde, habe ich beim Sachverständigenrat angefragt, ob sich auch Werke unseres Museums darunter befinden. Im Dritten Reich wurden im Von der Heydt-Museum ja tausende Werke weggenommen. Aber anscheinend war nichts dabei. Frau Fehlemann hatte auch versucht, einzelne Bilder zurückzukaufen. Es gibt keine rechtliche Grundlage, dass sich ein Museum gegen einen staatlichen Eingriff, zumal im Dritten Reich, wehren kann.

Wie stehen Sie zu Kunst als Spekulationsobjekt?

Finckh: Das ist natürlich traurig, zumal die Museen da nicht mithalten können. Wir können nur hoffen und appellieren, dass die wohlhabenden Leute, die die Werke erwerben, diese in Museen als Dauerleihgaben zeigen, so dass sie der Öffentlichkeit erhalten bleiben.

Wie gefällt Ihnen die aktuelle Picasso-Schau?

Finckh: Es ist eine phantastische Ausstellung. Ich war in Paris. Dort bildeten sich lange Schlangen. Diese Werke in dieser Dichte können nur ganz große Museen zeigen. Des riesigen Aufwands und der enormen Kosten wegen. „Unser“ Bild machte eine bella Figura.

Welche Picasso-Bilder hat das Von der Heydt-Museum?

Finckh: Eines von 1900 zeigt ihn selbst als Torrero. Dann haben wir die kubistischen Arbeiten „Die Gabe“ und „Die Harlekinfamilie“ von 1908, „Der Hummer mit Siphon“ von 1948 und einen liegenden Frauenakt von 1964. Außerdem haben wir eine große Menge Arbeiten auf Papier, Grafiken und Druckzeichnungen. Wenn die Besucher sich die Schau in Basel angesehen haben, können sie sich unsere Picasso-Bilder im Rahmen der Blockbuster-Ausstellung in Wuppertal anschauen. So macht ein abwesendes Bild Werbung für hier anwesende.