Ein Rausch in Musik und Bildern

Bei seiner letzten Oper dieser Spielzeit brilliert das Ensemble der Bühnen mit „Król Roger“ — und erntet viel Beifall für die Inszenierung.

Foto: Uwe Stratmann

Wuppertal. Er setzt sich selbst die Krone auf und lässt sich von seinem Volk erhöhen. Er ist mit ihm in strengen Kirchenritualen im Zeichen des Kreuzes gefangen. Bis ein Hirte als neuer Prediger den König in die Krise stürzt. Der Kampf mit seinen Gefühlen fordert den Disput mit dem Verführer: „König Roger“ (Król Roger) von Karol Szymanowski ist die letzte Oper an den Wuppertaler Bühnen in dieser Spielzeit.

Jakob Peters-Messer stellt eine dichte Inszenierung vor. Er gibt der rauschhaften Musik des polnischen Komponisten Bilder zur Seite, die kommentieren, kontrastieren und auch schockieren. Etwa, wenn die Volksmenge, nur noch mit Unterwäsche bekleidet (Kostüme: Sven Bindseil), dem Demagogen willenlos folgt und sich in einer quasi-rituellen Handlung mit Blut beschmiert: Ekstase und Sinnlichkeit bergen die Gefahr von Gewalt und Zerstörung.

Großartig bewältigen die Sänger ihre Rollen in der nicht einfach zu singenden polnischen Sprache: Bariton Kay Stiefermann als König mit mächtigem Stimmvolumen, der von immer größeren Zweifeln gepackt wird, Gastsänger Rafal Bartminski, der mit ebenso tragfähigem Tenor den Hirten gibt — zwei Figuren, die die Handlung beherrschen. Bartminski kann seine Stimme ebenso schmeichelnd klingen wie zornig wüten lassen. So verführt er das Volk, den König und auch dessen Frau Roxane.

Banu Böke singt sie mit der Arie „Schlaft, blutige Träume Rogers“ mit wunderbar verzierter Gesangslinie. Christian Sturm als weiser Berater des Königs bleibt bewusst im Hintergrund, und Martin Js. Ohu und Joslyn Rechter als Erzbischof und Diakonissin füllen ihre kurzen Auftritte mit Leben.

Die Opernchöre und die Wuppertaler Kurrende (Einstudierung Jens Bingert und Dietrich Modersohn) entfalten ihre machtvollen Passagen exzellent: „Bestrafe ihn“ erinnert an die erregten Turbae-Chöre des Barock oder das „Wehe, wehe, Gott sei uns gnädig“ an ernste Kirchengesänge. Das Wuppertaler Sinfonieorchester unter Florian Franneks Leitung präsentiert die packende Musik als Schwelgen im Klangbad.

Die Bühne, von Markus Meyer als spiegelndes Achteck gestaltet, deutet die Szenen zusätzlich: Wie im Kaleidoskop gebrochen sind Gesichter, netzartige Figuren verweben sich, Schlangengewühl ist Verführungs-Symbol. Am Ende ist der König ein Bettler geworden, sein Irrweg zu Ende. Er findet zum Licht. Das Volk und Roxane folgen wie in Trance dem neuen Gott. Vor dem schwarzen Vorhang bleibt Roger zurück — bereit zum Neuanfang, aber allein. Das Publikum belohnte den großen Opern-Abend mit lang anhaltendem Beifall.