Fabien Prioville: Das Handy dirigiert den Tanz
Mit „The Smartphone Project“ lotet der Choreograph die Möglichkeiten moderner Kommunikation aus. Die Zuschauer können per App das Geschehen beeinflussen.
Wuppertal. Er sitzt mit seiner Managerin im Café. Draußen regnet es. Noch ein Kaffee. Er greift zum Smartphone, checkt ein paar Daten. In großen Buchstaben schreibt sie einen Plan für ihn. Augenringe zeichnen sich leicht in seinem Gesicht ab. Kein Wunder, denn er kommt gerade von einer Tournee. Amsterdam, Kroatien, London standen auf dem Programm für Fabien Prioville. Endlich kann er für ein paar Tage in seiner Wahlheimat im Tal verschnaufen. Und das Wetter spielt sogar mit.
Für den 40-Jährigen gibt es nichts Schöneres als ein verregnetes Wuppertal: „Ich liebe es, wenn die Schwebebahn durch den Nebel und Regen bricht. Das ist Wuppertal“, schwärmt der gebürtige Franzose. Er gehört zu den Choreographen des zeitgenössischen Tanzes. 2010 gründete er die Fabien-Prioville-Dance-Company und verzaubert seitdem seine Zuschauer.
Gesellschaftliche Fragen, Kritik und Technik spielen immer wieder eine Rolle in seinen Stücken. In seinem Werk „Experiment on Chatting Bodies“ inter-agierte er als Tänzer mit Skype-Partnern auf der ganzen Welt — in seinem aktuellen Projekt „Smartphone“ integriert er seine Zuschauer, indem diese über eine App das Geschehen auf der Bühne beeinflussen können. „Moderne Kommunikationstechnik ist ein ganz neuer Bereich im Tanz“, sagt Prioville. Genau diesen macht er sich als Choreograph in der freien Szene zum Nutzen.
Woher er seine Ideen schöpft? „Es sind ganz alltägliche Momente, beispielsweise der Griff zum Smartphone“, greift Managerin Alexandra Schmidt ein, als Prioville um Wörter ringt. Er ist sehr bescheiden, tut sich schwer, seine Arbeit, seine Gefühle und Ideen in Worte zu fassen, ist bedacht, nicht zu dick aufzutragen.
Fabien Prioville, das ehemalige Ensemble-Mitglied über die Vorreiterin des zeitgenössischen Tanzes
Dabei könnte er das durchaus machen. Denn Fabien Prioville gehörte zum Pina-Bausch-Ensemble und lernte von der Vorreiterin des zeitgenössischen Tanzes. „Sie hat den Menschen gezeigt, wie sie sind.“ Eine Zeit, die das Leben des Künstlers beeinflusste. „Es war die bedeutendste Zeit meines Lebens. Dort habe ich meine Frau getroffen.“ Auf die Frage, wie Pina Bausch als Mensch war, lächelt er nur. „Sie war wie eine Mutter.“ Auch heute noch zeigt er seine Verbundenheit. Obwohl er immer unterwegs ist, hat er seinen Wohnsitz in der Elberfelder Innenstadt behalten.
Fabien Prioville, dessen Karriere in einem Städtchen bei Paris begann
Auch die Fabien-Prioville-Dance-Company, die aus ihm und seiner Managerin besteht, will bald von Düsseldorf nach Wuppertal ziehen. Ein Rückzug nach Frankreich kommt für den Tänzer nicht infrage, obwohl in dem kleinen Städtchen Gargenville, westlich von Paris, seine Karriere begonnen hat.
„Ich tanze seit ich auf zwei Beinen stehen kann“, sagt er lachend. Oft haben seine jungen Eltern ihn mit auf Partys genommen und er habe erst aufgehört zu tanzen, wenn er vor Müdigkeit umgekippt sei. Mit elf Jahren entschied er sich dann Modern Jazz zu tanzen, mit 14 Jahren lernte er Ballett. Der Tanz ist sein Leben. Vielleicht ist es das Gefühl, welches er beim Tanzen spürt, was ihn am Traum festhalten lässt. „Es fühlt sich wie zu Hause sein an.“ Und das möchte Prioville trotz aller Hürden in der freien Tanzszene nicht aufgeben.
Als Choreograph hat sich Prioville einer schweren Aufgabe gestellt. Er ist nun derjenige, der Verantwortung trägt, der die Tänzer bezahlen und das Publikum mit Ideen begeistern muss. Viel hat er von Pina Bausch in dieser Hinsicht gelernt. Aber er kopiert nicht ihre Arbeit, sondern setzt das Gelernte in seiner Art um. Eines steht dabei im Vordergrund: „Ich möchte keine Zuschauer ausschließen. Sie brauchen kein Vorwissen, um sich meine Projekte anzuschauen.“