Geht der Jugendbuchpreis nach Wuppertal?

Monika Bilstein, Leiterin des Peter Hammer Verlags, freut sich über eine Nominierung für den Jugendliteraturpreis.

Frau Bilstein, Jens Soentgens Naturbuch „Von den Sternen bis zum Tau“ ist für den Deutschen Jugendliteraturpreis (DJLP) nominiert. Was bedeutet das für den Peter Hammer Verlag?

Monika Bilstein: Der Deutsche Jugendliteraturpreis ist die höchste Auszeichnung der deutschen Kinder- und Jugendbuchlandschaft. Eine Nominierung bedeutet eine erhöhte — in diesem Fall noch höhere, denn das Buch war auch vorher schon sehr erfolgreich — Aufmerksamkeit im Buchhandel und bei den Lesern. Wir freuen uns sehr, dass ein Buch, in dem so viel Arbeit von allen Seiten und so viel Herzblut steckt, auch auf Kritikerebene wahrgenommen und als wertvoll und herausragend angesehen wird. Im Gedanken an die Preisbekanntgabe sind wir schon jetzt aufgeregt. Sie erfolgt auf der Frankfurter Buchmesse — auf einer großen Veranstaltung.

Wie stehen die Chancen, den Preis tatsächlich zu erhalten?

Bilstein: In jeder Sparte des DJLP werden sechs Titel nominiert. Unser Buch hat in der Sparte Sachbuch starke Konkurrenz, dennoch rechne ich ihm gute Chancen aus, weil es aus meiner Sicht das ungewöhnlichste und überraschendste unter den sechs Büchern ist.

Die Vermutung ist naheliegend: Verkauft sich ein preisgekröntes Buch tatsächlich besser?

Bilstein: Ja, in aller Regel ist das so. Schon viele Bücher des Peter Hammer Verlags haben Preise und Auszeichnungen bekommen, und wir haben immer wieder die Erfahrung gemacht, dass ein preisgekröntes Buch im Verkauf einen ordentlichen Schritt nach vorn macht.

Der Wuppertaler Peter Hammer Verlag hat sich nicht nur als Spezialist für Literatur aus fremden Ländern einen Namen gemacht hat. Auch mit Kinderbüchern, die nicht „betulich“ wirken sollen, sondern brisante Themen wie den Tod ansprechen, gehen Sie ungewöhnliche Wege. Das mag Preise und Nominierungen nach sich ziehen. Aber zahlt es sich auch finanziell aus? Oder hat es ein Verlag, der „exotische“ Schwerpunkte setzt, auf dem Büchermarkt vergleichsweise schwer?

Bilstein: Es ist tatsächlich nicht leicht, für diese individuelle Ausrichtung des Programms und seine Themen Akzeptanz zu erreichen, die sich nicht nur im Renommee spiegelt, sondern sich auch ökonomisch auswirkt. Oftmals bleibt es auch bei ganz großartigen Büchern bei nur einer Auflage. Die Leserschaft — gerade von Büchern zu „Eine Welt Themen“ und der Literatur Afrikas — ist klein. Insofern haben wir es deutlich schwerer als Verlage, die ein Programm machen, das dem „Mainstream“ angepasst ist. Aber ein so klares, akzentuiertes, anspruchsvolles Profil zu haben, kann auch ein Vorteil sein.

Inwiefern?

Bilstein: Wir sind nicht der Austauschbarkeit ausgeliefert. Und erfolgreiche Titel wie das Buch „Von den Sternen bis zum Tau“, das nun schon in der dritten Auflage vorliegt, gelingen ja glücklicherweise auch immer wieder und beweisen, dass es richtig ist, auf inhaltliche und gestalterische Qualität zu setzen. Und sie sorgen dafür, dass der Verlag einen festen Platz im Buchhandel hat. Dass Inhalt und Ökonomie in der Waage bleiben, empfinde ich als eine besonders reizvolle verlegerische Herausforderung. Der Verlag steht seit ein paar Jahren trotz aller Schwierigkeiten im Buchmarkt wirtschaftlich stabil und erfolgreich da.

Die Jugend von heute interessiert sich mehr fürs Internet als für Bücher — heißt es von vielen Seiten. Ist das auch Ihre Erfahrung?

Bilstein: Trotz Internet wird nach wie vor viel gelesen. Studien belegen, dass Jugendliche aufgrund der neuen Medien nicht weniger lesen als früher, sondern anders. Sie „zappen“ wie beim Fernsehen auch beim Lesen, wechseln von einer Lektüre zur anderen, lesen mehrere Bücher nebeneinander.

Wo sehen Sie Ihren Verlag in zehn Jahren?

Bilstein: Ich sehe den Verlag auch in zehn Jahren geprägt von den jetzigen programmatischen Schwerpunkten, leicht gewachsen, aber immer noch in derselben „Liga spielend“. Vor allen Dingen aber sehe ich ihn — und das ist die wichtigste Vision und Zielsetzung überhaupt — nach wie vor als unabhängigen Verlag.

Werden Ihnen viele unangeforderte Manuskripte zugeschickt? Bekommen auch Neulinge eine Chance? Anders gefragt: Nach welchen Kriterien wählen Sie Autoren und Themen aus?

Bilstein: Uns erreicht eine Flut von unangeforderten Manuskripten, auf die ich leider nicht antworten kann, wenn sie für unser Programm nicht in Frage kommen. Das bedauere ich sehr, lässt sich aber organisatorisch nicht anders einrichten. Wir bekommen zum Beispiel häufig Roman-Manuskripte zugeschickt, sind aber in der Literatur ja auf afrikanische und lateinamerikanische Autoren spezialisiert. Neue und junge Kinder- und Sachbuchautoren bekommen jedoch durchaus eine Chance, wenn es sich um ein Manuskript handelt, das wirklich hundertprozentig zum Profil des Verlags passt. Die Auswahlkriterien wären ein absolut abendfüllendes Thema. Verkürzt lässt sich nur sagen, dass Idee, Stil und Geist des Textes passen müssen.

Welches Buch lesen Sie derzeit?

Bilstein: Auch ich „zappe“ ausnahmsweise gerade ein wenig. Ich lese Johannes Muggenthalers Roman „Die letzte Trauung“ aus dem Weidle Verlag, „Schiffsmeldungen“ von Annie Proulx und die englische Ausgabe der Kurzgeschichten der nigerianischen Autorin Sefi Atta, die im kommenden Frühjahr in deutscher Übersetzung im Peter Hammer Verlag erscheinen.