Hardy Rittner: Zwei Flügel für einen Pianisten

Bayer-Klavierzyklus: Der junge Pianist überzeugte in der Stadthalle mit eigenen Deutungen.

Wuppertal. Aus gutem Grund hatte Pianist Hardy Rittner am Mittwochabend beim 3. Stadthallen-Konzert im Bayer-Klavierzyklus gleich zwei Flügel auf der Bühne des Mendelssohn-Saals stehen.

Den historischen "Ehrbar"-Flügel von 1880 wählt der 28-Jährige, um die Klangideale des späten Brahms und des jungen Schönberg darzustellen, den modernen "Steinway", um denen des späten Schönberg und des jungen Brahms nachzuspüren.

Die Spätwerke von Johannes Brahms, die sieben Fantasien des Opus 116 und die drei Intermezzi des Opus 117 klingen auf dem historischen Instrument weich und lyrisch, aber auch an Kontrasten ärmer.

Der Klang gestaltet sich aus den Fantasien des alten Meisters. Er wirkt - mit Pedal und Dämpfer gespielt - verschwommen mit dumpfer, basslastiger Grundierung und klirrendem, obertonreichem Diskant. Das hat durchaus Reize, bedarf aber des längeren Einhörens und gibt einen Eindruck davon, welche Klangvorstellungen der Komponist verfolgt haben mag.

Selbst das wütende Rasen des "Allegro agitato" im letzten "Capriccio" des Fantasienzyklus’ mildert den Eindruck in "vorsichtiges Aufbegehren" ab. Die melancholischen "Wiegenlieder meiner Schmerzen" (Brahms) des Opus117 stellt Rittner zwar subtil dar, er kann aber nicht verhindern, dass etwa die Periodenfolge des "Andante con moto" mit den Ausflüchten veränderter Bassführung und wechselreichen harmonischen Beleuchtungen, kurzen aber heftigen Einwürfen in der hohen Lage klangintensiv ineinander wabern.

Der Einzelton bleibt dagegen uncharakteristisch. Das nutzt der junge Pianist, um Arnold Schönbergs "Sechs kleine Klavierstücke" (op.19) mit ihrer minimalen Formsubstanz als "Psychogramme des Unbewussten" mit poetischem Kolorit vorzustellen. Die "Fünf Klavierstücke" (op.23) dagegen vertraut er dem modernen Steinway-Flügel an.

Die jugendlich-überschwängliche C-Dur Sonate des 20-jährigen Brahms schließlich ist ein Bad im Strahlklang des modernen Flügels. Rittner spielt die heroischen oder die liedhaft-ruhigen und die feurig-mitreißenden Melodien technisch versiert und findet zu überzeugenden eigenen Deutungen.