Interview: Ein Opern-Pascha mit weichem Kern

Ein Türke macht in Wuppertal Theater: Selim Dursun spielt den Pascha von Ägypten. Ein Gespräch über den Hang zum Harem und die Oper „Unverhofft in Kairo“.

Herr Dursun, Sie spielen in Wuppertal den Pascha von Ägypten. Was gefällt Ihnen an der Rolle?

Selim Dursun: Die Rolle gefällt mir sehr gut, weil ich als Pascha eine Geschichte mit seelischen, gefühlsmäßigen Wendungen erzählen darf. Der Charakter ist vielschichtig und tiefgründig, somit sehr spannend. Auch der Spruch „Harte Schale, weicher Kern“ trifft auf den Pascha zu. Er durchlebt eine echte Wandlung vom erbarmungslosen und rachsüchtigen bis zum barmherzigen und vergebungsvollen Menschen, der seine Motivation für seine Güte am Ende aus dem Koran zieht, da er sehr gläubig ist.

Gibt es Parallelen zum persönlichen Charakter?

Dursun: Ja. Mir sind die orientalische Kultur und Lebensweise sehr vertraut — obwohl ich den Hang zum Harem nicht ganz nachvollziehen kann, da ich mir das Leben mit vielen Frauen sehr anstrengend vorstelle, aber vielleicht ist das ja auch Gewohnheitssache. Außerdem kann ich Gefühle wie Eifersucht und Verlustängste durchaus nachempfinden.

Sie stehen nicht nur im Theater im Rampenlicht, sondern haben auch immer wieder filmreife Einsätze und standen schon für „Schimanski“, „Unter uns“, und „Aktenzeichen XY . . . ungelöst“ vor der Kamera. Was freut Sie mehr: ein Anruf aus dem Theater oder ein Angebot aus der Filmbranche?

Dursun: Ich würde gerne beides machen, wenn es sich zeitlich nicht überschneidet. Beide Sparten haben ihren eigenen Reiz. Beim Theater gefällt mir neben der Live-Situation vor allem die Tatsache, dass auf der Bühne die Resonanz des Publikums direkt zu spüren ist. Außerdem hat man im Theater in der Regel mehr Zeit, um die Figuren zu entwickeln. Beim Film hingegen reizt mich, dass im Gegensatz zum Theater oft ohne lange Probenphase Emotionen hervorgerufen werden müssen — was für mich auch ein gutes Training ist, um auf die Sekunde genau Gefühle zu produzieren.

Die Wuppertaler Oper ist ein Experiment, bei dem verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. Sie spielen den Türkisch sprechenden Pascha und werden von einem Oud-Spieler und einer Bauchtänzerin begleitet. Abgesehen davon wird Haydns Oper in deutscher Sprache inszeniert. Was haben Sie gedacht, als Sie von dem ungewöhnlichen Projekt hörten?

Dursun: Das Projekt war für mich von Anfang an interessant, weil unsere Herangehensweise von „Unverhofft in Kairo“ eine andere, eine authentischere Betrachtung des Stoffes ist. Die zwei Kulturen, die mit verschiedenen Sitten und Religionen aufeinandertreffen, werden bei unserer Inszenierung trefflich gezeigt, was ich persönlich als sehr richtig empfinde. Gerade der Umstand, dass der Pascha seinen Text in Original-Türkisch spricht, verleiht dem Ganzen einen zusätzlichen Hauch vom Orient.

Gibt es eine Lieblingsszene?

Dursun: Eine explizite Lieblingsstelle gibt es nicht — obwohl eine Szene, nachdem er erfährt, dass seine Frau Rezia einen anderen liebt und mit ihm fliehen möchte, sehr emotional ist. In diesem Moment zeigt der Pascha sichtbar seine Gefühle und seine Enttäuschung, was ihm sehr menschliche Züge verleiht und ihn auch sympathisch macht.

Was sollen die Zuschauer nach der Vorstellung über den Pascha von Ägypten sagen?

Dursun: Dass der Pascha von Ägypten im Innersten ein moralischer Mensch ist, der im Grunde nichts Unrechtes tun möchte, und seine Gefühlsausbrüche im Affekt keinen bösen Hintergrund haben, sondern nur Ausdruck seiner Liebe zu seiner Frau sind. Die Zuschauer sollen mit einem guten Gefühl nach Hause gehen und etwas vom Ambiente aus 1001 Nacht mitnehmen.

Wohin geht Ihre ganz persönliche Reise? Welche Projekte stehen als nächstes an?

Dursun: Ich habe einige Projekte anstehen. Mein Wunsch ist, in absehbarer Zeit mein eigenes Theaterprojekt auf die Beine zu stellen. Außerdem habe ich vor kurzem einen Pilotfilm für eine Sitcom gedreht. Mal schauen, was daraus wird. Ich hoffe natürlich, dass die Zukunft für mich ähnlich gute Projekte wie etwa jetzt in Wuppertal bereithält.