Bilder Kunstprojekt zum Engelsjahr: Von Gesichtern, Gefühlen und Betrachtern
Anke Büttner hat für die katholische Citykirche vier großformatige Bilder gemalt, die ab März im öffentlichen Raum aufgehängt werden.
Sie blicken skeptisch aus großen braunschwarzen Augen, die Münder etwas hochgezogen, schmollend, lustlos, abwertend. Er lächelt tiefenentspannt, selbstsicher in sich hinein, von den geschlossenen Augen sind nur die langen Wimpern zu sehen. Zwei Frauen, ein Mann – das Trio ist riesengroß mit Dispersionsfarbe auf eine 2,40 mal 4,80 Meter breite Baumwoll-Leinwand gebracht worden. Gesichter, die Gefühle und Gedanken ausdrücken, den Betrachter Geschichten erfinden und Beziehungen herstellen lassen.
„Aus dem Gesicht gefallen“ heißt das jüngste Kunstprojekt, das Anke Büttner und die katholische Citykirche auf die Beine stellen. Jüngstes Kind ihrer Kooperation und Beitrag zum Engelsjubiläumsjahr, der zur Auseinandersetzung mit den Menschen und dem Menschlichen einlädt. Ab März an mehreren öffentlichen Orten in der Elberfelder City.
Friedrich Engels (1820 bis 1895) entwickelte gemeinsam mit Karl Marx eine eigene Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie, die Solidarität und Subsidiarität hochhält. Werte, die den kommunistischen Revolutionär mit der katholischen Soziallehre und zwei Zeitgenossen verbinden: Johann Breuer (1821 bis 1897), der den Elberfelder Gesellenverein gründete und Adolf Kolping (1813 bis 1865), der das nach ihm benannte Werk aus der Taufe hob. Ihre Werte sind auch heute aktuell, zugleich alles andere als abstrakt. Sie haben ein konkretes Gesicht, heißt es im Konzept des Projektes. „Was würde Engels heute sehen in den Gesichtern der Menschen? Welche Emotionen würde er haben, würden ihm aus dem Gesicht fallen?“, fragt Anke Büttner. Was bleibt, was interessiert heute?
Vier monumentale Bilder hat die Künstlerin gemalt, sie musste dafür teilweise in die Riedel-Fabrikhallen ausweichen, da die Wände ihres Ateliers nicht hoch genug sind. „Drei Bilder sind hochkant, drei mal fünf Meter lang, nur das vierte ist ein Querformat, so dass ich es bei mir malen konnte.“ Auf allen zu sehen sind Gesichter, manchmal auch Hände, eine Herren-Fliege, eine Zigarre, eine Kappe, die Zuordnungen zum 19. Jahrhundert oder zum Heute erlauben.
Anordnung der Köpfe verändert Beziehungen und Wirkung
Büttner liest in den Gesichtern der Menschen, forscht nach dem Ausdruck ihrer Gefühle – nicht erst seit dem Projekt. Sie porträtiert sie mit dem Bleistift auf unzähligen Din A5 kleinen Blättern. Nimmt dabei auch das Internet zu Hilfe, weil „man zum Beispiel weinende Männer selten live sieht“. Sie erlebt immer wieder, dass Lachen oder Weinen ganz verschieden ausfallen, Gefühle nach innen oder außen getragen werden können.
Auf Basis ihrer Skizzen hat die Künstlerin insgesamt vier Männer- und zwei Frauen-Gesichter gemalt – sie mal eher grafisch, mal eher malerisch dargestellt. Das riesige Format kennt sie aus etlichen Projekten. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, weil es nicht um eine 1:1-Übertragung geht, sondern sie spontan und direkt vorgehen muss, überdies der Pinselstrich in der Nähe anders anmutet als mit Abstand betrachtet. Bei den Farben experimentierte sie, entwarf mit Ölpastell, nahm Proben.
„Projektionsflächen sollen die Gesichter sein, die zu Assoziationen herausfordern, denen der Betrachter eine Bedeutung gibt, darüber sich austauscht, sein Menschenbild hinterfragt“, wünscht sich die Künstlerin, die selbst erfahren hat, dass Menschen, die ihr Bild im Atelier sahen, unterschiedlich reagierten. Dabei spielte auch die Anordnung der drei Gesichter eine Rolle. „In der Mitte war der Mann dominant, der Sieger. An der Seite ist die Beziehung unklar.“ Büttner entschied sich für die Seite.
Ab 28. Mai wird das Trio an der Mauer der evangelischen Citykirche am Kirchplatz hängen, in Augenhöhe zu den Cafébesuchern. Im Unterschied zu den Hochkantformaten, die in luftiger Höhe zu sehen sein werden. Am 5. März wird das erste an der Basilika von St. Laurentius enthüllt, am 2. April und 30. April Bild Nummer zwei und drei am Verwaltungsgebäude in Elberfeld am Neumarkt. Der Projektzeitraum soll Ende 2020 vorüber sein. Im Anschluss sei eine Wanderausstellung möglich „als Botschaft Wuppertals an die Welt“ – innerhalb der Stadt, national oder international, heißt es im ausgearbeiteten Konzept.
So lädt Friedrich Engels auch künftig zur Auseinandersetzung mit den Menschen und dem Menschlichen ein.