Kultur Laske meistert das Eiltempo
Ungewöhnlicher Auftakt der Orgeltage: Bariton Thomas Laske singt zur Sauer-Orgel in der Stadthalle.
Wuppertal. Jeder Kirchgänger hat bestimmt schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht, als er in Gottesdiensten Kirchenlieder mitgesungen hat. Entweder hetzt er dem Organisten hinterher, weil der zu schnell spielt. Oder er jongliert mit der Luft, weil der Kirchenmusiker zu behäbig die Tasten drückt. Ersteres bekam man mit, als Iris Rieg zwei weltliche Kantaten Johann Sebastian Bachs an der Sauer-Orgel in der Stadthalle anstimmte.
Denn viel zu schnell und unsensibel laut kam die Begleitmusik zur Aria „Kron und Preis gekrönter Damen“ aus der Kantate „Tönet, ihr Pauken! Erschallet, Trompeten!“ sowie aus der „Kaffeekantate“ die Arie „Hat man nicht mit seinen Kindern hunderttausend Hudelei“ aus den Pfeifen.
Aber Respekt vor Bariton Thomas Laske, dem einstigen Publikumsliebling an der hiesigen Oper. Denn der Profi meisterte dieses Eiltempo ohne falsche Töne, konnte sich jedoch verständlicherweise nicht immer gegenüber der zu klangvollen Orgel durchsetzen. Das war jedoch der einzige ganz große Schnitzer am Eröffnungsabend der 42. Wuppertaler Orgeltage, der gleichzeitig Auftakt der „Orgel-Akzente“ dieser Spielzeit war.
Man fragte sich nur noch, warum die in Schwäbisch Gmünd geborene Organistin die „Vier ernste Gesänge“ von Johannes Brahms, der aus einer protestantischen norddeutschen Familie stammte, mit einer französisch-katholisch-romantischen Tongebung registrierte. Ansonsten war der nicht alltägliche Liederabend mit Orgel ein abwechslungsreicher Gang durch die Musikgeschichte vom Barock bis zur Moderne mit geistlichen und weltlichen Werken.
Dabei beeindruckte Laske mit sehr beweglichen Gesängen, der von Rieg wesentlich sensibler bei zwei Liedern von Max Reger, „Cantico di San Francesco“ von Franz Liszt, vier biblischen Liedern Antonín Dvoráks und vier nachgelassenen Liedern Samuel Barbers begleitet wurde. So kam seine große Fülle an stimmlicher Ausdruckskraft voll zum Tragen. Seine ausgezeichneten Techniken vom Konzert-, Lied- und Oratoriengesang bis hin zu opernhafter Gestaltung stellte er ganz in den Dienst der stilistisch unterschiedlichen Lieder und ließ sie so lebendig erstrahlen.
Auch Rieg präsentierte sich anhand von vier anspruchsvollen Orgelwerken als ausgezeichnete Musikerin. Georg Muffats „Toccata Nona“ aus dem 15-teiligen Kompendium süddeutscher Toccatenkunst „Apparatus Musico Organisticus“ aus dem Jahr 1690, César Francks fantasievolle „Pièce héroique“, „Cortège et Litanie“ von Marcel Dupré und Petr Ebens vierter biblischer Tanz „Die Hochzeit zu Kanaa“ erklangen dank angemessen kontrastreicher und nuancierter Registrierungen sehr klangschön. Herzlicher Beifall mündete in eine kurze Zugabe.