Märchenhafter Liebestrubel

„Der Vogelhändler“ begeistert in Solingen. Marie Robert setzt auf feine Ironie.

Solingen/Wuppertal. Adam liebt die Briefchristel. Die schäkert mit dem abgebrannten Graf Stanislaus, der sich als Kurfürst ausgibt. Der erboste Adam bandelt mit Marie an, die er für ein Bauernmädchen hält, die aber die Kurfürstin ist. Stanislaus soll sich die reiche Baronin Adelaide angeln, die aber nimmt letztendlich Weps, wogegen Christel dem Stanislaus das Ja-Wort geben soll. So weit, so verworren.

Bis am Ende jeder Topf sein Deckelchen findet, führt die Operette durch Irrungen und Wirrungen: Im ausverkauften Theater und Konzerthaus Solingen feierte "Der Vogelhändler" von Carl Zeller am Freitagabend als Produktion der Wuppertaler Bühnen Premiere.

Regisseurin Marie Robert setzt auf bewegte Personenführung und vorsichtige Ironisierung. Der Opernchor (Einstudierung: Jaume Miranda) belebt als lebenslustige pfälzische Dörfler die Szenen oder persifliert als aufgetakelte Gesellschaft höfisches Leben. Dem folgen die Bühnenbilder von Jürgen Lier, die mit Märchen-Deko von Fliegenpilz und beleuchteter Glockenblume, riesigen Barock-Rahmen, Rokoko-Schnörkeln und futuristischer Architektur daran mahnen, alles nicht allzu ernst zu nehmen.

Ernst nehmen aber muss man die Protagonisten in ihrem Bemühen um Zellers volksnahe und klangprächtige Musik: Die Sänger schmücken ihre Rollen aus und glänzen mit schauspielerischem Talent - allen voran Rainer Zaun als Baron Weps, der mit markantem Bass die Fäden im militärischen Outfit und mit autoritärem Gehabe in der Hand hält und mit Spielwitz überzeugt.

Elena Fink ist die fesche Christel, die auf gelb-grünem Tretroller als mobile Poststation auf die Bühne rollt. Nicht nur den Schlager "Ich bin die Christel von der Post" singt sie mit frischem Sopran, sie überzeugt auch in den Ensembles, etwa im Duett mit Stephan Boving (Graf Stanislaus), mit wandlungsfähiger Stimme.

Cornel Frey gibt den Adam mit klarem Tenor. Ihm nimmt man den treuherzigen Tiroler Vogelhändler mit perfekt imitierter Mundart gerne ab. Banu Böke ist eine elegante Kurfürstin mit weit greifendem Sopran und großem Volumen, die sich aber im leisen, anrührenden Lied vom Kirschenbaum in die Zeit der Liebe und Treue ihres Gatten zurücksehnt.

Michaela Mehring singt sich mit leichtem und timbriertem Mezzo als aufgedonnerte und affektierte Gräfin Adelaide in immer ausgefalleneren Kostümen (Marette Oppenberg) durch die Szenen.

Die psychologische Profilierung einiger Rollen, die ausgefeilte Bühnen- und Kostümausstattung, ein ausgezeichneter Opernchor und Solisten mit ausgereiften Stimmen könnten eine grandiose Wirkung der Operette von 1891 erzielen.

Doch ein nur unzureichend aufspielendes Orchester trübt den Gesamteindruck: Die falschen Töne, die unsaubere Intonation einiger Instrumente der Bergischen Symphoniker und die anfänglich uneinheitlichen Tempi mit den Sängern sind nicht zu überhören.

Oliver Stapel lässt sich nicht beirren, dirigiert mit stoischer Ruhe, setzt nötige Akzente und verhindert so ein orchestrales Desaster.