Kultur Graziella Drößler widmet sich Orten des Exils
Graziella Drößler widmet sich Orten des Exils
Immer wieder sind es geschichtsträchtige Orte, mit denen sich Malerin Graziella Drößler auseinandersetzt. Das jüngste Beispiel ist ihr Zyklus zum belgischen Seebad Ostende. Diese Bilder dominieren denn auch Drößlers erste Ausstellung in Peter Ryzeks Galerie „Wort und Bild“. Im Gespräch erzählt sie, wie sie Ostende gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem 2017 verstorbenen Zeichner Wolfgang Schmitz, erkundet hat.
Beide ließen sich damals vor Ort zu Arbeiten inspirieren. Womit sie in guter Gesellschaft sind. Schon Romantiker wie William Turner wurden von der Naturszenerie zu ausdrucksvollen Gemälden angeregt. Motive von Strand und Hafen greift auch Drößler auf, die am liebsten Tempera, Aquarell- oder Acrylfarben verwendet.
Ihr Hauptinteresse aber gilt Ostende im Jahr 1936. Denn drei Jahre nach Beginn des Hitler-Regimes ist die Küstenstadt nicht mehr bloß Urlaubsziel, sondern auch Ort des Exils. Hier trifft eine Gruppe von Schriftstellern. die die Nationalsozialisten aus Deutschland vertrieben haben, aufeinander.
Drößlers Großformat „Zweig und Roth“ nennt zwei der wichtigsten literarischen Emigranten schon im Titel. Das in hellen Farben gehaltene Doppelporträt basiert auf einer Schwarz-Weiß-Abbildung, die auch in der Ausstellung zu sehen ist. Darauf blicken Stefan Zweig und Joseph Roth mit entspanntem Lächeln in die Fotokamera.
Wie trügerisch diese Idylle ist, versteht der Betrachter, wenn er an die Lebenswege der beiden Autoren denkt. Wenige Jahre nach dem „Sommer der Freundschaft“ in Ostende starb der eine in Frankreich, der andere nahm sich in Brasilien das Leben.
Vertreibung, Flucht, die Suche nach einer neuen Heimat – die Aktualität der von Drößler reflektierten Themen hat auch auf den Galeristen Eindruck gemacht. Die Corona-Pandemie habe die Lage der Flüchtlinge in den Hintergrund gedrängt, so Ryzek. Dabei habe sich an deren Problemen nichts geändert. Gerade deshalb sei es ihm wichtig, mit dem Ostende-Zyklus eine künstlerische Verarbeitung dieser Themen zu zeigen.
Das Exil-Motiv ist auch mit dem Helgoland-Bild verknüpft, das sich harmonisch in die „Wort und Bild“-Schau einfügt. Schließlich war die Nordseeinsel bis 1890 britisch und entwickelte sich in dieser Zeit zum Fluchtpunkt kritischer Geister. Heine schrieb hier über die Juli-Revolution in Paris, und Hoffmann von Fallersleben dichtete das „Lied der Deutschen“, die heutige Nationalhymne.
Zurück in die Heimat bringen den Besucher die Wuppertal-Impressionen von Wolfgang Schmitz. Begeistert berichtet Ryzek von Schmitz‘ Storing-Raum, „bis oben hin voller Zeichnungen“, den ihm Drößler gezeigt habe. Eine Auswahl davon hängt jetzt in der Galerie, und dazu gibt es noch eine große Mappe mit losen Blättern. Wer die bereitliegenden Handschuhe anzieht, darf sie sich näher anschauen.
Die Stadtansichten seien typisch für die Arbeitsweise ihres Mannes, erklärt Drößler. Während sie bis heute das Atelier als Rückzugsort brauche, sei er beispielsweise zum Sedansberg gefahren, um seine Motive direkt festzuhalten. Die Ausstellung „Im Zwielicht“ ist bis zum 9. Juli in der Galerie „Wort und Bild“, Obergrünewalder Straße 13, zu sehen. Wer sich dafür interessiert, sollte sich vorab über die Möglichkeit eines persönlichen Besuchs informieren. Es gilt die Corona-Verordnung des Landes NRW. Voranmeldungen unter Telefon 0163/ 6281565.