Neue Ausstellung zeigt die andere Seite des Tony Cragg

Der Bildhauer ist vor allem für seine Skulpturen bekannt. Das soll sich ändern. Das Von der Heydt-Museum zeigt Zeichnungen und möchte als Tony-Cragg-Standort punkten.

Wuppertal. „Tony Cragg ist ein Segen für Wuppertal.“ Gerhard Finckh spricht aus, was diejenigen denken dürften, die den berühmten Bildhauer, Wuppertals engagierte Kunstzene und den guten Ruf als Kulturstadt schätzen. Was der Direktor des Von der Heydt-Museums nicht explizit ausformuliert, ist dies: Cragg darf nicht nur ganz allgemein als Aushängeschild für die Stadt gelten, speziell für das Von der Heydt-Museum ist er ein echter Glücksfall.

Wie die WZ berichtete, hat der weltweit gefeierte Bildhauer, der in Liverpool geboren wurde, längst aber in Wuppertal zu Hause ist, dem Museum sein gesamtes bisheriges druckgrafisches Werk überlassen. Eine Schenkung, die die städtische Sammlung um mehr als 200 Arbeiten bereichert.

„Eine unglaublich großzügige Geste“, wie Finckh betont. Das klingt nach dem Beginn einer wunderbaren Zusammenarbeit — und führt geradewegs zu der Frage, wie es am Turmhof weitergeht. „Wir möchten die Zusammenarbeit weiter ausbauen“, bestätigt der Museums-Chef. „Die Frage ist natürlich: Machen wir mal wieder eine große Tony-Cragg-Ausstellung?“ Dabei sieht Finckh jedoch ein schwer wiegendes Problem auf sich zukommen: „Wie würden wir die großen, alles andere als leichten Skulpturen überhaupt in unsere Räume bekommen?“ Abgesehen davon hat sich Cragg ja selbst ein Ausstellungsparadies erschaffen: „Die Präsentationsmöglichkeiten, die er in seinem Skulpturenpark hat, sind unschlagbar.“

Die Chance, aus dem Museum einen Tony-Cragg-Standort zu machen, möchte er dennoch nicht verpassen. „Wir haben etwas geschenkt bekommen, um das uns alle beneiden“, sagt Finckh, der stolz ist, aber auch vor Schnellschüssen warnt. „Ich möchte nichts machen, von dem man am Ende sagt: ,Es war gut gemeint.’ Wir müssen ein griffiges Konzept finden.“ Womöglich mit Skulpturen, die nicht die Maße des Kunsttempels sprengen.

Bis es so weit sein könnte, feiert das Museum den Bildhauer erst einmal mit einem geballten Blick auf die geschenkten Neuzugänge. Ein ganzer Raum wurde für sie reserviert. Denn profitieren sollen von der Künstlergabe vor allem jene, die sie bewundern: Seit Februar können Museumsgäste einen Teil der Cragg-Arbeiten am Turmhof bewundern.

Wie sie reagieren? „Die meisten sind überrascht“, stellt Finckh fest, zumal die Zeichnungen „unmittelbar auf die Expressionisten folgen. Man fällt quasi in den Raum hinein.“ Viele Rundgänger, so Finckh, schauen erst auf die Tafeln und dann auf die Werk-Details — hellhörig geworden durch den berühmten Namen, der auf den Schildern neben den Zeichnungen steht.

Was sie zu sehen bekommen, sei faszinierend, wie Finckh findet: „Wenn Tony Cragg nicht als Bildhauer weltberühmt wäre, wäre er es als Zeichner“, schwärmt der Direktor. Dass Dankbarkeit zu Lob führt, ist verständlich. Doch die Qualität spreche für sich, betont Finckh: Zwischen Plastik und Graphik habe der Brite „etwas Drittes erfunden und zu neuer Form zusammengeführt. Die Komplexität seiner Zeichnungen ist faszinierend.“

Cragg ist — in bestem Sinne — ein Hoch-Stapler. Und das nicht nur bei seinen stattlichen Skulpturen, sondern auch in seinen Zeichnungen, wie Finckh erklärt. „Er schichtet Dinge auf-, hinter- und übereinander. Das macht er unheimlich raffiniert.“

Ob das auch andere so registrieren? „Es wird etwas dauern, bis sich herumspricht, dass hier ein Tony-Cragg-Schwerpunkt ist“, sagt Finckh, den noch keine Leih-Anfragen aus anderen Museen erreicht haben. Es dürfte allerdings nur eine Frage der Zeit sein, bis sich das ändert. „Schließlich ist Tony Cragg ein Weltstar“ — und der Weg nach Elberfeld vorgezeichnet. Wer die bislang eher unbekannte Seite des Briten erleben möchte, kann sie bis zum 7. August in Elberfeld entdecken.