„Schlittentaxi“: Lehrstunde für den Weihnachtsmann
Das Kammerspielchen hat jetzt ein Familienstück im Programm, das auf amüsante Weise eine wichtige Botschaft transportiert.
Barmen. „Hohoho — von drauß’ vom Walde komm ich her — und muss euch sagen — Mist!“ Ein fluchender Weihnachtsmann? Ole (Ole Minuth) merkt schnell, dass mit diesem Exemplar (Michael Halbey) etwas nicht stimmt . . .
Vor halb gefülltem Haus zeigten Ole Minuth und Michael Halbey im Kammerspielchen an der Westkotter Straße jetzt, dass die Weihnachtszeit nicht immer nur lustig und harmonisch ist. Denn in Esther Beckers Stück „Schlittentaxi“ gibt es genauso viele Momente zum Nachdenken wie zum Lachen. Zu ernst für Kinder? Nein — in Ronald F. Stürzebechers Inszenierung für kleine und große Kinder ab acht Jahren wird selbst ein Streik kindgerecht erklärt und lädt dabei noch zum Schmunzeln ein.
Doch anfangs ist es gar nicht lustig. Ole ist zu Weihnachten allein zu Hause und der Weihnachtsmann bittet um Einlass, statt durch den Kamin zu kommen. Und dann weiß er noch nicht einmal, was sich der Junge zu Weihnachten gewünscht hat. Wie sich Ole und Weihnachtsmann Jochen, der eigentlich Taxifahrer ist, im Stück langsam annähern, schießen sich auch die beiden Darsteller im Verlauf der Handlung immer mehr aufeinander ein. Anfangs noch etwas zu stelzig und gekünstelt wird das Spiel bald natürlicher und flüssiger.
Überraschend: Der zwölfjährige Ole Minuth, auf den Stürzebecher das eigentlich für ein Mädchen geschriebene Stück umgeschrieben hat, steht Michael Halbey schauspielerisch in nichts nach. Schnell wird die Botschaft, für Kinder leicht verdaulich präsentiert: Wichtiger als das richtige Geschenk ist, nicht allein zu sein. Eine Botschaft, die sich in 30 Minuten Spiellänge leider etwas zu rasch erzählt, um tiefere Wirkung zu zeigen. Hier hätte man ruhig etwas mehr Mut zur Länge und zum emotionaleren Ausbau der Geschichte haben können.
Denn kreatives, emotionales und komödiantisches Potenzial gab es genug. Eine interaktive Szene wie der vom Publikum nachzusprechende Slogan: „Kakao nach der Kälte gibt’s immer — das macht nichts gut, aber auch nichts schlimmer!“ ist eine schöne Idee, die mit noch weiteren interaktiven Szenen nicht ganz so verloren für sich stehend gewirkt hätte. Auch die emotionalen Momente huschen etwas zu flott vorbei. Stürzebecher gibt zu: „Das Stück ist ein Test, ob so etwas hier auch ein Publikum findet.“
So verwunderte es nicht, dass am Ende eine ältere Dame fragte, ob es wirklich schon vorbei oder nur Pause sei — und der trotz etwas halber Sache wohlverdiente Applaus verzögert kam.