Sinfoniker feiern den Frühling in der Stadthalle

Das städtische Orchester widmete sich musikalisch der blühenden Jahreszeit – auch wenn es am Sonntag regnete.

Wuppertal. Weder Anton Weberns "Im Sommerwind" noch Robert Schumanns "Frühlingssinfonie" konnten das trüb-regnerische Schmuddel-Wetter in Wuppertal gestern verscheuchen.

Dennoch ist das Sinfonieorchester vom "Frühlingsdrang" getrieben, wie der Titel des 7. Konzerts in der Stadthalle verspricht. Und legt man rein spieltechnische und die Stimmung fördernde Maßstäbe an, werden tatsächlich alle Wünsche erfüllt.

Webern hat sein "Idyll für großes Orchester" 1904 als Student geschrieben - noch ganz in spätromantischer Tradition dem Programm eines Gedichts von Bruno Wille folgend, das sinnlich wahrnehmbare Naturvorgänge schildert.

Doch wie das Orchester unter Toshiyuki Kamioka die versonnenen, feierlichen und bewegten Passagen nimmt, das schafft eine ungemein spannungsreiche Dichte. Säuselnde Geigen, träumerische Flötenweisen und zitternde Harfenklänge treffen immer wieder auf die Wucht des groß besetzten Orchesters im Wagner-Gestus. In Erinnerung aber bleiben vor allem das beseelte und wundervoll singende Orchester-Piano, das den Hauch der lauen Lüfte geradezu körperlich spürbar macht.

Felix Mendelssohn Bartholdys "Reformationssinfonie" in d-Moll fügt sich im weichen Schwellen des "Andante" gut an, steigert sich aber im Kopfsatz zu höchster Dramatik mit prägnanten Bläsersignalen. Nach dem "con-fuoco"-Schluss braucht selbst der Dirigent, wie immer mit ganzem Körpereinsatz leitend, eine kurze Verschnaufpause.

Das "Allegro vivace" dagegen ist ein sehr entspannter, beschwingter, tänzerischer Satz - im Frühling durchaus im Freien zu tanzen. Im Finale verarbeitet Mendelssohn den Choral "Ein feste Burg ist unser Gott" und schafft sakrale Feierlichkeit durch reiche Harmoniefolgen und Steigerungen ins Heroische.

Ebenfalls nicht durchgängig frühlingshaft entspannt kommt Schumanns "Frühlingssinfonie" daher, seine erste Sinfonie in B-Dur. Immerhin ließ auch er sich von einem Frühlings-Gedicht von Adolf Böttger anregen. Da geht es um schwere Wolken, graue Schleier, wallenden Nebel, um Tränen im Gesicht und Schatten auf der Seele.

Den Schluss "O wende, wende deinen Lauf - Im Tale blüht der Frühling auf" wollte er zum Leitgedanken der Sinfonie machen. Dennoch kann auch die tirilierende Flöte nicht über die gedämpfte Stimmung hinwegtäuschen, die sich erst langsam hebt. Latente Traurigkeit und pochende Unruhe durchzieht die Sätze, denen Bläser-Soli und Streicherfiguren ab und zu freudigere Glanzpunkte aufsetzen.

Im Finale endlich hält der Frühling mit einem Fest Einzug in der Stadthalle: Orchester-Fanfaren treffen auf leicht gestrichelte Streicher-Melodik, Einwürfe dunklerer Färbung setzen sich kaum noch durch, Flöten-Triller und Hörner begrüßen ihn in munterem Wirbel: Auch bei Schumann ist es endlich Frühling geworden.