Komödie Nachdenken über die Zukunft des Privattheaters

Stößels Komödie nimmt Abschied vom Karlsplatz und kommt im Breuer-Saal unter.

  Privattheater haben mit der Pandemie und ihren Folgen zu kämpfen: Die Tage der Komödie von Kristof Stößel am Karlsplatz sind gezählt.

Privattheater haben mit der Pandemie und ihren Folgen zu kämpfen: Die Tage der Komödie von Kristof Stößel am Karlsplatz sind gezählt.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Es soll kein Abschied sein, auch wenn die Komödie am Karlsplatz nach nunmehr anderthalb Jahren nicht mehr öffnen wird. Dafür ist Kristof Stößel zu sehr Optimist, sinnt lieber nach Auswegen, die sich auch schon in Wuppertal eröffnen. Im Breuer Saal, im Brauhaus und im Scarpati. Probleme bereitet dagegen die Lage der Privattheater im allgemeinen, die durch die Coronapandemie erst stillgelegt wurden und nun mit zu geringer Auslastung zu kämpfen haben, „weil das Publikum doch nur sehr zögerlich wiederkommt“. Außerdem hat sich die Situation am Karlsplatz in vielerlei Hinsicht zugespitzt.

Zuletzt waren es einfach zu viele Probleme: Der Brandschutz sollte für 16 000 Euro erneuert und von der Komödie bezahlt werden, die Nebenkostenabrechnung lag dreimal so hoch wie zuvor, umgekehrt blieben die Mietzahlungen unverändert. Obwohl das kleine Theater mit seinen 160 Plätzen im Lockdown hatte schließen müssen. Versuche, beim Vermieter ein Entgegenkommen zu erwirken, scheiterten, erzählt Stößel.

Hinzu komme die Situation auf dem Platz vor der Komödie, der sich abends in eine dunkle uneinsehbare Ecke verwandle. Hier liefen die Ratten scharenweise umher, würden Drogen verkauft, randalierten Betrunkene. Kein Ort für ein Theaterpublikum. Dem städtischen Ordnungsamt sind die Hände gebunden: Mitarbeiter hätten bei einer Überprüfung vor Ort weder Ratten noch Drogendealer angetroffen, außerdem sei der Bereich kein städtisches Grundstück, sondern Privatgelände, sagt Pressesprecherin Ulrike Schmidt-Keßler. Der Intendant wiederum zog inzwischen die Reißleine und kündigte den Mietvertrag. „Man erlebt hier was, das hat aber mit Theater nichts zu tun.“

Ebenfalls kein ursächliches Theaterthema ist die Angst der Menschen vor Nähe, die durch die Pandemie entstanden ist. Nun erschwert sie besonders kleinen Theatern, die sich durch das gemeinsame, nahe Erlebnis auszeichnen, den Neustart. Zwar dürfen sie wieder vor Publikum spielen, sei das Publikum auch treu, die Auslastung aber liege bislang bei nur knapp 25 Prozent, sagt Stößel.

95 Gäste wären nötig,
um eine Null zu erreichen

Für die der komplette Personalaufwand von der Kasse über Garderobe und Gastronomie bis hin zur Bühne betrieben, die Kurzarbeit dann aufgegeben werden müsse: „Ich bräuchte 95 Gäste, damit wir wenigstens eine Null erreichen. Das wird noch ein Kampf.“ Die staatliche Corona-Hilfe ist aufgebraucht, neue gerade erst beantragt. Digitale Angebote, die Stößel im Dezember gestartet hatte, liefen nach anfänglichem Erfolg ins Leere, so dass er wieder davon abkam: „Die Nachfrage ließ nach, außerdem haben die staatlichen Häuser, die technisch ganz anders aufgestellt sind, in diesem Jahr mit dem Streamen begonnen.“ Mittlerweile denkt der Theatermacher grundsätzlich über die Zukunft einer festen Spielstätte in Wuppertal nach.

Und richtet den Blick auf eine Übergangslösung, die er zwischenzeitlich gefunden hat. Von November bis (vorerst) Juli spielt er im Breuer Saal am Laurentiusplatz, wo er am 26. mit „Bäumchen wechsel dich“ Premiere feiert. Beginn eines möglichst normalen Betriebs mit Aufführungen von Mittwoch bis Sonntag.

Weitere Stücke stehen auch schon fest: Auf „Nackte Tatsachen“ im Januar soll der Publikumsliebling „Landeier 1“ und „Landeier 2“ von März bis Mai folgen. „Wir suchen bewusst Stücke, bei denen die Leute viel lachen können, und die wenig Besetzung brauchen.“ Er freut sich auf den Umzug in einen Saal, der hoch ist und Platz für 140 im Abstand gestellte Stühle bietet, ein schönes Foyer hat und zentral gelegen ist. Zwar begrenzt der dort geplante große Umbau der Immobilie das Engagement, aber es bestehe die Option einer Verlängerung, so Stößel.

Außerdem geht es am 16. Oktober im „Scarpati“ in Vohwinkel los, wo Theatermacher und Restaurantbetreiber Krimikomödie und Gastronomie zusammenbringen: Das Ensemble wird dort „Fünf Frauen und ein Mord“ spielen. Fünf Termine bis Ende November und zwei im Januar sind derzeit geplant. Schließlich gibt es eine Fortsetzung der Kooperation mit dem Barmer Brauhaus, wo Stößel die Komödie „Extrawurst“ 22 mal im Sommer im Außenbereich aufgeführt hat. Für weitere 13 Termine (25. September bis 17. Oktober) wird sie nun in den Räumen des Brauhauses serviert. Im Sommer des nächsten Jahres will er wieder Open Air spielen: Das Stück „Wie entsorge ich meinen Alten“ steht auf dem Spielplan.

Derweil läuft die Zeit am Karls­platz aus. Noch wird geprobt, die Kasse bleibt bis Oktober geöffnet, dann wird umgezogen. „Ich kann nicht mehr alles und um jeden Preis machen. Und vielleicht ist die Zeit der kleinen Theater ja erstmal vorüber“, denkt Stößel laut nach. In einer Pressemitteilung gab er sich unlängst kämpferisch: „Wir finden, dass eine Stadt wie die unsere ein privates Boulevardtheater braucht und werden weiter für Anerkennung und Wahrnehmung durch die Stadtverwaltung kämpfen.“