Theater: Überlebensstrategien am Familientisch
Der Jugendclub der Bühnen hat sich mit „Familiengeschichten.Belgrad“ ein Stück voller Spannungen und Emotionen ausgesucht.
Wuppertal. Biljana Srbljanovic wirft einen bitterbösen Blick auf Belgrad. Die Väter sind egoistisch, zynisch und schlagen ihre Kinder. "Das Weib" dagegen ist wertlos und in der Regel ein armes unterdrücktes Wesen, das sich allerdings manchmal zur geifernden Familientyrannin aufschwingt. Die Kinder müssen schauen, wie sie dazwischen überleben.
"Familiengeschichten. Belgrad" heißt das Stück, das der Jugendclub der Wuppertaler Bühnen im Container vor dem Opernhaus aufführt. Die 13 Jugendlichen zwischen 15 und 20Jahren haben - unter der Leitung von Theaterpädagoge Markus Höller - alle Möglichkeiten, emotionale Schauspielkunst zu zeigen.
Dass es, wie im Inszenierungstext angekündigt, vier zehn- bis zwölfjährige Kinder sind, die auf dem Spielplatz Familie spielen, wird im Container in Barmen wenig deutlich. Vielmehr wirkt es, als ob einfach elf Szenen aus teils der selben Familie, teils aber auch aus verschiedenen Familien dargestellt werden.
Schüchtern verteilt Milena die Lebensmittel: eine große Handvoll Salzstangen für den Vater, ein paar davon für den Sohn, einen Krümel für sich selbst. Der Vater zählt seine dicken Packen Geldscheine, konstatiert zufrieden, dass er für die nächste Zeit genügend Mittel habe - und beschimpft wütend die Mutter angesichts der paar Bröckchen auf ihrem Teller, dass sie zu verschwenderisch sei. "Jeder sollte nur an sich denken" - so lautet seine Devise. Oder der Sohn Andrija kommt von einer Demonstration nach Hause und wird angesichts dessen vom Vater halb tot geschlagen.
Die Besetzung von Vater, Mutter, Kind wechselt von Szene zu Szene. Während im Dunkeln nur die dumpfen, metallenen Töne einer Spieluhr klacken, ziehen sich die jeweiligen Schauspieler Jackett, Arbeitskleid oder Fußball-Trikot über die schwarzen T-Shirts. Die benötigten Requisiten liegen wie auf einer Müllhalde überall im Raum herum.
Nur Lena Kutschbach spielt die ganze Zeit über den Hund. Sie zuckt nervös mit dem Arm, steckt die Hand in den Mund. Wenn sie etwas zu essen sieht, krabbelt sie hinkend herbei, um sich anschließend schnell wieder in eine Ecke zu kauern. Am Schluss löst sich auch das Geheimnis dieses Hundes auf.
Sehr eindrucksvoll und berührend zeigen die Jugendlichen die Szenen voll Gewalt, Angst und Missachtung. Das beklemmende Gefühl entsteht nicht nur durch die räumliche Nähe im kleinen Container, sondern auch durch das intensive Spiel der jungen Schauspieler.