Tohuwabohu mit Tanz, Dichtung und Musik
Nach dem Tod ihres Mannes hat Ulrike Nahmmacher die Organisation übernommen.
Frau Nahmmacher, mein herzliches Beileid. Die Wuppertaler Kulturszene trauert mit Ihnen. Nach dem plötzlichen Tod Ihres Mannes und dem ersten Schock stellte sich schnell die Frage: Wird das Ernst-Jandl-Festival nun überhaupt noch stattfinden?
Ulrike Nahmmacher: Ich danke Ihnen. Ja, diese Frage stellte sich mir auch sehr schnell, und da ich ja wusste, wie viel Matthias dafür gearbeitet hat und wie er dafür gebrannt hat, bin ich jetzt sehr froh, dass wir nach Sichtung der Vorbereitungen sagen konnten: Ja, es wird stattfinden — in seinem Sinne.
Wie entstand überhaupt die Idee, ein solches Festival ins Leben zu rufen?
Nahmmacher: Es gab ja im Sommer 2006 schon ein erstes Tohuwabohu-Open-Air im Schloss Lüntenbeck. Damals hatten wir uns mit dem Ensemble sonorfeo mit Ernst Jandl beschäftigt und festgestellt, dass unsere Begeisterung für seine Dichtung viele Musiker teilen. Und Jandl selbst hat viel mit Musikern, vor allem aus dem Jazz, zusammengearbeitet, von denen auch einige nach Wuppertal kommen werden, allen voran Dieter Glawischnig, dann Erich Meixner und Lauren Newton. Mit Florian Küthmann, der für seine Dissertation alle diese Jandl-Musiker kennenlernte, entstand die Idee, einmal alle zum gemeinsamen Tanz zu bitten. Dieses Festival war trotz des sehr mäßigen Wetters so erfolgreich und hat dem Publikum wie den Künstlern so viel Spaß gemacht, dass es klar war, dass wir uns wieder treffen wollten. Mit viel Laune, auch neuen Künstlern und auch neuen Ideen hat Matthias das Tohuwabohu 2012 vorbereitet, so ist zum Beispiel ein Lyrik-Wettbewerb zu Ernst Jandl und dem Thema „Zeit“ ausgeschrieben worden, das eine rege Beteiligung erfuhr, und dessen Preisträger in der Sonntags-Veranstaltung bekanntgegeben werden. Dabei kann ich schon den Sonderpreis verraten, denn an dem Wettbewerb hat sich auch eine erste Grundschulklasse beteiligt, die die Jury einhellig beeindruckte, so dass die 1b der St. Antonius-Schule in Barmen am Festival-Sonntag ihre Gedichte auf die Bühne bringen wird. Auch ältere Schüler des Gymnasiums Sedanstraße werden ihre Umsetzungen von Jandl zeigen, so dass klar wird: Ernst Jandls Gedichte sind für alle Altersstufen gut.
Nach dem Tod Ihres Mannes haben Sie — zusammen mit einem Team — die Organisation des Festes übernommen. Wird das Programm nun wie geplant über die Bühne gehen, oder gibt es Änderungen?
Nahmmacher: Ja, in dieser besonderen Situation brauchte ich natürlich Unterstützung und bin sehr froh, dass allen voran Oliver Jung und Jens Piske (ursprünglich „nur“ für Werbung beziehungsweise Technik vorgesehen) mir so sehr helfen. Aber auch über sehr viel andere Hilfe freue ich mich, so dass das Festival so schön werden kann und wird. Wie Matthias sich darauf gefreut hat! Das Programm findet wie geplant statt. Veränderungen gibt es natürlich dort, wo Matthias aufgetreten wäre.
Zum Beispiel?
Nahmmacher: Da ist zum einen am Sonntag der Auftritt von sonorfeo, wo zu den beiden Sprechern An Kuohn und Marco Wohlwend nun zwei Musiker kommen: Tobias Deutschmann am Klavier und ich an der Geige. Zum anderen hätte Matthias beim „jandl_elk_trio“ am Freitagabend die „Sprecherrolle“ übernommen. Da nun nur noch Playback zu hören ist, wie er die Gedichte ins Mikro spricht, raunzt und schnoddert, kommt live Tanz dazu auf die Bühne. Ich freue mich sehr, dass spontan diese Idee entstand. Zu einer Choreographie von Chun-Hsien Wu tanzen Chrystel Guillebeaud und Szu-Wei Wu, beide Gast-Tänzerinnen vom Tanztheater Pina Bausch.