Tradition auf moderne Art: Prinzessin Bari tanzt sich frei
Europäische Erstaufführung beim Pina-Bausch-Festival.
Wuppertal. Ihr Vater, der König, verstößt sie, weil sie ein Mädchen ist. Bari wächst bei einfachen Fischern auf. Arbeit und Leid erhöhen sie zur Göttin, die sogar den verstorbenen Vater wieder zum Leben erwecken kann. Die Eun-Me Ahn Company aus Seoul zeigte "Das Leben der Prinzessin Bari" als europäische Erstaufführung beim Pina-Bausch-Festival im Schauspielhaus.
Deutlich sind die mythologischen Bezüge im Tanz. Auch Kostüme, steife Reifröcke und Troddelschirme, erinnern an alte Traditionen. Was frappiert, ist die Aufarbeitung mit modernen Tanz-Elementen und die Verquickung von alten, oft gesungenen Weisen und neuer Musik.
Auf diagonaler rot-blutiger Bahn rutschen Gebärende mit weit geöffneten Beinen. Wie eine Puppe hängt die soeben geborene Bari mit kahlem Schädel und weißem Kleidchen in Seilen. Tastende und ungelenke Schritte entfalten sich rasch zum rituellen Tanz mit traditionsreichen Gesten zur Live-Musik.
Monoton klingen die pentatonischen Skalen, wenn sie dazu ein klagendes Lamento singt. Die suggestive Melodik wechselt mit anarchischem Schreien und brodelndem Rhythmus vom Schlagzeug, wenn Bari sich wie im Freudenhaus produzieren muss. Nur die Oberkörper der sitzenden, gaffenden, lüsternen Gesellschaft sind in Bewegung. Im archaischen Freudentaumel traktieren Dämonen in Rot-Schwarz die gefesselte Bari.
Das Sitzen, Rollen, Springen und Stürzen mit stetem Wechsel auf allen Raumebenen prägt die rasante Choreographie. Dazu gibt es auch fröhlich-barbarischen Klamauk mit einem Teufelchen, der dem Höllentanz seine Strenge nimmt. Dass auch die Männer in knielangen Kleidchen tanzen, zeigt die Emanzipation der Frau in der koreanischen Gesellschaft. Denn Bari verkörpert die starke Schlichterin, die über den Tod hinaus die Dinge erneuert.