Kultur in Wupeprtal Vom Privileg, (an Weihnachten) die Orgel zu spielen
Organisten haben in der Weihnachtszeit besonders viele Termine. Der Musiker André Enthöfer genießt es und freut sich darüber.
Wuppertal. (Vor-)Weihnachtszeit, Stresszeit. Während für die meisten Erwachsenen die Jahresendzeit von Hektik bestimmt ist — der vielen Aufgaben und Feiertage wegen — denkt André Enthöfer ganz anders. „Ich freue mich auf Weihnachten und genieße zuvor die Adventszeit“, sagt der 48-Jährige entspannt. Und das nicht nur, weil er eine sechsjährige Tochter hat. Auch er hat nicht viel freie Zeit. Im Gegenteil bedeutet die Weihnachtszeit für den Musiker und Organisten in zwei Wuppertaler Kirchengemeinden Hochsaison. Aber die vielen Verpflichtungen, auch an den Feiertagen, empfindet er als Auszeichnung: „Ich genieße das Privileg, hier und anderswo spielen zu dürfen“, sagt er.
Die Termine stehen fest. Am 24. Dezember bedient Enthöfer in der Erlöserkirche im traditionellen Familiengottesdienst um 15 Uhr die Orgel und im Kantatengottesdienst mit moderner Musik um 18 Uhr das Klavier. Erst danach geht es ab zur Familie, um mit ihr Weihnachten zu feiern. Nur auf einen weiteren Einsatz um 23 Uhr verzichtet er der Familie zuliebe seit einigen Jahren. Weiter geht es am 1. Weihnachtsfeiertag um 11 Uhr. Erst am 2. Weihnachtstag hat die Familie Vorrang, geht eine einsatzreiche Zeit mit vielen kirchenmusikalischen Auftritten zu Ende. Die empfindet der vielseitige Musiker nicht als Stress, sie bedürfen aber eines guten Termin-Managements. Zumal Enthöfer auch immer wieder vor andere Aufgaben gestellt wird, je nach Zeit und Umgebung: Die leicht müde Schulklasse im Adventsgottesdienst am Morgen will anders bespielt werden als die Mitarbeiter der Diakonie, die sich nach Dienstschluss aufs Singen weihnachtlicher Lieder freuen.
Mit der Folge, dass die Lieder auch immer wieder anders klingen. Allerdings auch weil Enthöfer sie mitunter anders spielt als in der letzten Saison: „Jedes Jahr gehe ich neue harmonische Wege.“ So stimmt er beispielsweise „Mach hoch die Tür“ diesmal anders an als vor einem Jahr und findet in der Folge auch altbekanntes Weihnachtsliedgut „total spannend“. Das hindert den Musiker aber nicht, neue, unbekannte Werke hinzuzunehmen. Die Sangeskunst der Gottesdienstbesucher, die an Weihnachten besonders zahlreich wie besonders unerfahren sind, wird so durchaus vor Herausforderungen gestellt. Enthöfer spielt deshalb besonders „benutzerfreundlich“. Da trifft es sich gut, wenn er mit seiner Orgel nah dran ist — wie in der Philippuskirche, wo er an der kleinen Teschemacher Hausorgel sitzt. „Dann kriegt man als Organist mehr mit, kann reagieren.“ Vielleicht auch unterstützend mitsingen. Gibt es ein Lieblings-Weihnachts-Lied? „Nein. Das verändert sich eigentlich von Tag zu Tag“, überlegt der Musiker.
Musiker sein, das wollte der Wuppertaler Enthöfer eigentlich schon immer. Und er hatte das Glück, dass ihn seine Eltern unterstützten. Mit sechs Jahren ging es los: Zunächst lernte er, Blockflöte zu spielen, kurze Zeit später Klarinette, als Jugendlicher kam er zum ersehnten Klavier. „Ich habe damals den Kirchenmusiker in der Gemeinde gefragt, ob er mir Unterricht geben kann“, erinnert er sich. Und: „Das hat total Spaß gemacht, sonst hätte ich das nicht gemacht.“ Nach der Schule studierte er in Köln Saxophon, finanzierte sich schon damals — zumindest teilweise — durch eine Organistenstelle in einer Kölner Gemeinde. Zurück in Wuppertal trat er in der Stadt und der Umgebung als Saxophonist und Klarinettist auf. Bis die Gemeinde Wichlinghausen-Nächstebreck vor 15 Jahren einen Organisten suchte. Daneben spielt(e) er weiter in vielen Besetzungen und bei Konzerten und konnte sich später auch noch in der Gemeinde Uellendahl-Ostersbaum engagieren. Die beiden Organistenstellen ergänzen sich gut.
Nur eines wurmt Enthöfer schon: Wenn seine Tochter dieses Weihnachten beim Krippenspiel in der Philippuskirche mitwirkt, kann er nicht dabei sein. Wie gut, dass es jedes Jahr ein Weihnachten gibt.