Theater Wenn Kinder auf der großen Bühne stehen
Wuppertal · Fabian und Mohamed-Anis sind zehn Jahre alt und stehen bei „Richard III.“ im Theater am Engelsgarten auf der Bühne.
Nein, die Theaterkarriere wird nun nicht direkt angestrebt. Fabian und Mohamed-Anis haben zwar viel Spaß bei ihrem Schauspiel-Engagement im Theater am Engelsgarten. Wobei die technisch Interessierten Zehnjährigen mehr von der Drehbühne fasziniert sind als von dem Stück, in dem sie mitspielen. In „Richard III.“ geben die Jungs die beiden Königskinder, die ermordet werden sollen, weil sie dem machtgierigen Onkel im Weg sind. Shakespeares blutrünstiges Stück nutzt historische Fakten, um nachträglich die Tudor-Dynastie zu legitimieren. Die beiden Jungschauspieler kennen nur einzelne Szenen der schaurig-schönen Wuppertaler Inszenierung.
Die Bühne als Möglichkeit,
sich allen zu zeigen
Fabian wohnt im Süden Bochums, wo er im Alter von fünf Jahren über einen Tag der offenen Tür beim „Stagecoach“ landete. Eine seiner Coaches war Beate Wood, deren Mann James an der Wuppertaler Oper 2015/16 bei „Madame Butterfly“ mitwirkte. Und so stand Fabian als Kind in Puccinis Oper erstmals auf einer Wuppertaler Bühne. „Das war schon toll“, erinnert er sich, und seine Mutter Alke von Heimburg ergänzt, dass er das Theater dem Film vorziehe, weil die Leute bewusst hingingen und er mitbekomme, ob es ihnen gefalle.
Ein Mädchen aus seiner Schulklasse habe ihm gesagt, er solle doch mal zu den „Theater Kids“ von Sylvia Martin am Opernhaus in Barmen gehen, erinnert sich Mohamed-Anis seine Bühnenanfänge 2017/18. Er folgte dem Rat, hatte viel Spaß, spielte in Rapunzel oder entwickelte gemeinsam Improvisationen zum Thema Dschungel. Auf der Bühne habe er Möglichkeiten sich zu zeigen, freut sich seine Mutter Michaela Sahli.
Als Anfang März dieses Jahres die Mail mit der Anfrage der Bühnen zu „Richard III.“ kam, mussten die Mütter keine Überzeugungsarbeit leisten. Auch die Brutalität des Stücks spielte keine Rolle. Alke von Heimburg: „Die Jungs können Geschichte und Realität gut trennen, außerdem sehen sie kein Blut.“ Und in der Inszenierung gebe es durchaus auch lustige Szenen. Selbst der Schulbesuch leide nicht, die Mitschüler wüssten Bescheid, ihr Interesse halte sich aber in Grenzen, sagen Fabian und Mohamed-Anis, die beide eine fünfte Klasse besuchen. Nur ab und an müssten andere „Verpflichtungen“ wie Schwimmen (Mohamed-Anis) oder Judo und Akkordeonspiel (Fabian) zurückstehen.
Direkt beim ersten Treffen in den Osterferien, bei dem zwei Paare gebildet werden mussten – die Rollen sind doppelt besetzt –, fanden Mohamed-Anis und Fabian zueinander. Regisseur Henri Hüster erklärte das Stück, das auch Sprechtext für die Jungs bedeutet. Über weitere Treffen mit dem Ensemble und (insgesamt acht) Proben auf verschiedenen Bühnen näherte man sich der Aufführung im Theater am Engelsgarten an. Die Texte lernten die Jungs jeder für sich allein, nutzten die Familie nur als finalen Dialogpartner. Shakespeares Sprache sei schon schwierig, räumt Mohamed-Anis ein.
Fragt man sie nach ihren Lieblingskollegen, folgt eine lange Aufzählung. „Zur Premiere gab es Geschenke, das Ensemble war sehr fürsorglich“, loben auch die Mütter unisono. Intendant Thomas Braus und Regisseur Hüster bezogen Fabian und Mohamend-Anis von Anfang an ein, fragten ihre Ideen ab. „Problemchen“ wie Mohamed-Anis’ Brille oder die, anfänglich auch für die Königskinder vorgesehenen, juckenden Gummi-Hauben, wurden geklärt. Nun tragen die Königskinder halloweenartige Skelett-Anzüge, sind weiß geschminkt, und Mohamed-Anis spielt ohne Brille.
Aufregung kennen
die beiden nicht
Insgesamt stehen sie vier kurze Szenen auf der Bühne. Die meiste Zeit der Aufführungen verbrachten die Nachwuchsschauspieler im Betreuungsraum über der Bühne. Aufregung kennen sie nicht, wehren beide cool ab. Einmal habe er kurz seinen Einsatz vergessen, sagt Mohamed-Anis, dann eben später mit seinem Text begonnen.
Weitere Engagements stehen noch aus, aber beide wollen auf jeden Fall weiter machen. Es mache einfach Spaß zu spielen. Die beruflichen Pläne sind natürlich noch vage. Mohamed-Anis sieht das Theater perspektivisch eher als Nebenjob, Fabian schwankt zwischen Moderator, Musiker – vielleicht aber auch Schauspieler.