Tankstelle Wie die Kulturmeile in Barmen erweitert werden soll

Wuppertal · Die ehemalige Tankstelle hinterm Opernhaus – anschauliches Beispiel für Bauten des Verkehrs der 1950er Jahre – steht vor neuer Zukunft.

Freuen sich auf die neue Zukunft der alten Tankstelle: (v.l.) Tim Wiedenstritt, Christiane Rydl, Kurt Rydl, Thomas Leipoldt.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Es könnte „das Luisenviertel Barmens auf einem Platz“ werden, wirbt Tim Wiedenstritt. Der Wuppertaler, der erfolgreich den Barmer Eventbahnhof führt, hat Großes vor. Das nicht nur das Tankstellengelände nebenan aus seinem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf erwecken, sondern eine wichtige Lücke in der Barmer Kulturmeile von Bahnhof, Oper, Historischem Zentrum und Theater am Engelsgarten schließen könnte. Und obendrein ein Sorgen- in ein Königs-Kind verwandeln würde.

Bauherr war 1954/55 Ludwig Wolferts, der an der Wittensteinstraße zwischen Operngebäude und Bahngleisen eine mehrere Gebäude umfassende Tankstellenanlage errichten ließ. Eine architektonisch betrachtet „normale Stützpunkt-Type“ bestehend aus „Zapfsäulenüberdachung mit der pilzförmig zum Vordach unterleitenden Rundstütze, dem verglasten Kassen- und Tankwartraum sowie der westlich an diesen anschließenden Garagenzeile mit zehn Einstellplätzen. Zugehörig ist außerdem die weiter östlich separat stehende Wagenpflegehalle mit zwei Wagenpflegeeinheiten“, wurde in der städtischen Denkmalliste vermerkt. 1999 wurde der Komplex unter Schutz gestellt, seiner Bedeutung als „moderner Tankstellentypus der Nachkriegszeit“ Rechnung getragen, dessen „zweckorientierte, einer funktionalen Ästhetik folgende Architektur in charakteristischer Weise den Straßenraum der Wittensteinstraße prägt“. Ihr originaler Erhaltungszustand mache sie zu einem anschaulichen Beispiel für die Architekturgattung „Bauten des Verkehrs“.

Leider spiegelte sich diese Anerkennung nicht in der Pflege der Anlage wider, die in den 2000er Jahren von einer Autovermietungsfirma genutzt wurde und aufgrund ihres schlechten Zustands 2006 vor dem Abriss stand. Eine Sanierung schien wirtschaftlich nicht zumutbar, die Löschung des Objekts aus der Denkmalliste drohte. Doch nichts geschah. Es blieb bei kurzfristigen Nutzungen für Kunst- und andere Aktionen. 2010/11 wurde das Gelände an Kurt und Christiane Rydl verkauft, die 2008 bereits den Barmer Bahnhof, der Familientradition wegen, von der Deutschen Bahn erworben hatten. Zwar leben der Kammersänger und seine Wuppertaler Frau in Wien, aber Bruder Thomas Leipoldt führt in dem (Opern-)Bahnhof Café und Buchhandlung. Zu dem Gebäude gehören beiderseitig Parkplätze – macht insgesamt 4000 Quadratmeter.

Eine Kaffeebar mit Außengelände im typischen Stil der Zeit

„Seit 1921 ist unsere Familie im Bahnhof“, erzählt Thomas Leipoldt stolz. „Joliso“ („Josef Linz & Sohn“) hatten damals einen Kiosk eröffnet, den Leipoldt in dritter Generation fortführt. Ihm gegenüber im Bahnhofsgebäude führt Tom Wiedenstritt, Pächter der Rydls, seit 2011 die Eventlocation Barmer Bahnhof. Dort, wo auch mal Alfred Biolek große Pläne verfolgt hatte, bevor die Location 2001 wegen verschärfter Brandauflagen geschlossen worden war. Doch das ist längst Vergangenheit.

Wenn es nach Wiedenstritt geht, werden die angrenzenden 1100 Quadratmeter Tankstellengelände in eine Kaffeebar mit Außengelände verwandelt, auf dem schon mal ein Foodtruck Station macht. Der Stil greift bewusst das 50er Jahre Ambiente auf, es soll Getränke und Snacks geben. „Alles, was wir haben, ob Tisch oder Kunst, soll auch kaufbar sein“, erzählt Wiedenstritt, der dafür auch lokale Partner einbinden will. Die untereinander offenen Garagenkörper sollen an die 80 Gäste fassen, die sich durchaus auch mal an einer langen Tafel zum Pizzaessen zusammenfinden können. Bei der Beheizung denkt der Unternehmer an Infrarot beheizte Bilder, die offenen Torseiten sollen durch große Glasflächen geschlossen werden. Für die Versorgung soll im rechten Teil der Waschhalle eine Küche eingerichtet werden, die auch mal den Barmer Bahnhof mitbetreuen kann. Der linke Teil der Doppelhalle soll zum Bahnhof hin geöffnet werden, eine Verbindung entstehen. Zur Straße hin soll der Bauzaun durch eine Hecke ersetzt werden, die das Gelände abschließt, ohne es zu verstecken.

Im Moment werden die Bauanträge formuliert, die Stadt habe bereits Interesse signalisiert, sagt Wiedenstritt. Der Pächter will möglichst noch im Herbst dieses Jahres loslegen. Die Kosten seien noch schwer abzuschätzen, viel Eigenarbeit sei vorgesehen. „Wenn man schon mal die Außenwände weiß streicht und aufräumt, ist schon einiges erreicht“, gibt er sich optimistisch. Immerhin hat er ein großes Ziel: „Ein Highlight für uns alle, wir wollen dem Denkmalschutz ein Denkmal setzen.“