BauHaus Fischer Wohnen in diesem Haus ist „ein Privileg“

Hans Günter Golinski und Hans-Jürgen Schwalm leben im BauHaus Fischer, das sie aufwendig restauriert haben.

Auch im Hausinneren hat sich Hans Günter Golinski um eine weitgehende Annäherung ans Original bemüht.

Foto: Fischer, Andreas H503840

„Es ist ein Privileg, in so einem Haus zu leben“, ist Hans Günter Golinski überzeugt. Mehr als 30 Jahre wohnt er nun schon gemeinsam mit Hans-Jürgen Schwalm im Bauhaus Fischer an der Rudolf-Ziersch-Straße, oberhalb Barmens. Die beiden Kunsthistoriker und Museumsleiter – Schwalm ist Direktor der Museen der Stadt Recklinghausen, Golinski Direktor des Kunstmuseums Bochum – haben sich bewusst für das denkmalgeschützte, dreigeschossige Wohngebäude, Zeugnis Neuen Bauens der 20 Jahre, entschieden. Haben es mit viel Liebe zum Detail und Interesse am Original restauriert. Das Bauhaus-Jubiläumsjahr 2019 rückt Häuser wie das Ihre ins Rampenlicht.

Die Suche war eigentlich keine. „Das Haus hat uns gefunden“, erinnert sich Hans Günter Golinski. Ein Bericht in der Zeitung über das schwer verkäufliche, von der Straße aus wenig einsichtige Gebäude und ein Verkaufsschild führten zu einem Besichtigungstermin. „Wir waren von außen direkt angetan.“ Der Zustand drinnen aber sei „nicht glücklich“ gewesen. Der Begeisterung tat dies keinen Abbruch, und so entschieden sich die beiden „recht spontan“ für das Haus. Von Anfang an waren sie von dessen skulpturaler, an ein Schiff erinnernder Außenwirkung angetan, den völlig verschiedenen Hausseiten. Von der Begegnung von Architektur und Natur, den lichtdurchfluteten, zur Südseite angeordneten Lebensräumen mit ihren großen Fenstern, während Treppe und Funktionsräume an der Nordseite liegen. Sie schätzen die vielen Möglichkeiten, nach draußen, „zur immer präsenten Natur“, zu gelangen. Ein Lieblingsraum ist denn auch der, der wie eine Kommandobrücke über dem Haus-Schiff mit seiner markanten Silhouette vor dem Wald, seinen Bullaugen und verschiedenen Terrassen-Decks thront, Rückzugsort ist und zugleich den Blick über die Bäume des Gartens freigibt.

Hinzu kommen die Funktionalität, die Räume, die nicht überproportioniert, bombastisch oder protzig wirken, sondern großzügig und „sehr schön auf das menschliche Maß ausgerichtet sind“. Die Kunsthistoriker kennen und schätzen das Bauhaus-Formenvokabular, den humanen Wohngedanken, der in die heutige Zeit reiche. „Vieles von dem Gedankengut ist heute noch aktuell. Wir haben Glück, dass hier der positive Teil der Bauhausentwicklung passiert ist, der auch auf die Ästhetik achtet. Im Unterschied zur 08/15-Produktion, die nur auf Funktionalität und Günstig ausgerichtet ist, wofür man das Bauhaus ja auch verantwortlich macht.“

Schöne, auf das menschliche Maß ausgerichtete Räume

Bei der Renovierung kam zupass, dass nie mit viel Geld renoviert oder gar tragende Wände entfernt worden waren. Manchmal musste nur das Original freigelegt werden. Einige Wandschränke, die geschwungene Treppe und anderes wurden erhalten und wo nötig restauriert. Farbbefunde – wie die blauen Wände des Esszimmers, gelbe und rote Wände in anderen Räumen – rekonstruiert. Originaltreue auch bei den Außenwänden, die rot, und bei den Fenstern, blaugrau gehalten wurden – die Informationen dazu hatten sie aus einem Artikel von Luise Straus-Ernst (der ersten Frau von Max Ernst). Natürlich gingen sie, den heutigen Wohnbedürfnissen entsprechend, auch Kompromisse ein, etwa bei den Thermopenfenstern, die unter Wahrung des Grundcharakters dort eingesetzt wurden, wo das Original nicht mehr vorhanden war. Geschlagen geben mussten sich die neuen Eigentümer beim Innenhof, den Gottlob Espelkamp nach dem Weltkrieg verändert hatte. Ein Rückbau wäre zu aufwendig geworden.

Interessiert sind die Bewohner auch an der Geschichte des Hauses, die sie mühsam recherchiert haben. Gebaut wurde es 1926/27 durch den Architekten Hans Heinz Lüttgen, der den Kölner Progressiven nahe stand. Ein Bekenntnis zur Avantgarde und provokanter Bau in einem Barmer Villenviertel, das mit dem Briller Viertel vergleichbar war. Bauherr war der jüdische Rechtsanwalt Walter Fischer. „Wir wollen mit der Renovierung auch darauf aufmerksam machen, dass hier ein jüdischer Bauherr schon früh neues Bauen nach Wuppertal geholt hat. Unsere Restaurierung ist eine Art Rehabilitation Fischers.“ Sie benennen ihr Haus und ein im privaten Rahmen stattfindendes Kunstforum, das befreundete Künstler in den Dialog mit dem Haus bringt („dessen Ästhetik geradezu nach Kunst ruft“), bewusst nach dem Bauherrn. Der wohnte nur sechs Jahre dort, musste 1933 vor den Nazis fliehen, für die sein Haus ein Beispiel für entartetes Bauen darstellte. Er verkaufte an ein, ebenfalls jüdisches, Industriellenpaar, das bald auch fliehen musste. Unter den Nazis kam das Haus an den Flugzeugpionier Gottlob Espenlaub, es blieb im Besitz seiner Familie bis in die 60er Jahre. Zwei weitere Verkäufe später gehört es Golinski und Schwalm. „Wir sind die sechsten Eigentümer. Zum Glück sind im Haus nie ganz böse Dinge passiert. Es hat eine gute Ausstrahlung.“