Wo die Liebe hinfällt

Marc Gruss und Stephanie Cordts überzeugen in der bissigen Komödie „Mit der Tür ins Bett“.

Foto: Tanzhaus

Wuppertal. Alles fängt mit einem Selbstmordversuch auf der Brücke eines New Yorker Parks an. Tama, die eigentlich mal Modell werden wollte, zeitweise lackierte Seepferchen verkaufte und als Bedienung endete, steht an der Brüstung und traut sich nicht zu springen. Da kommt Chester, seines Zeichens Eisverkäufer, vorbei und beobachtet zunächst ausgiebig ihre Hinteransicht, bevor er sie in ein Gespräch verwickelt. Schließlich geht Tama mit Chester nach Hause und nistet sich bei ihm ein, fällt quasi „Mit der Tür ins Bett“.

So lautet auch der Titel der bissigen Komödie von Henry W. Falk, die derzeit im Unterbarmer Tanzhaus gastiert und dort kürzlich Premiere hatte. Chester-Darsteller Marc Gruss ist regelmäßigen Tanzhaus-Besuchern aus anderen Stücken bekannt. In der Hagener Produktion von „Mit der Tür ins Bett“ spielt er den typischen New Yorker Verlierer, der in Stephanie Cordts als Tama eine ebenbürtige Partnerin hat.

Beide Schauspieler geben emotional richtig Gas in ihren Dialogen, die in Tamas Fall eher Monologe sind. Während Tama ihr Leiden mit vielen umständlichen Worten erklärt, ist Chester eher verschlossen. Er negiert seine Körperbehinderung und verteidigt seinen unterbezahlten Job. Auch geht er nicht auf das eindeutige Angebot seiner Zufallsbekanntschaft ein, mit ihr zu schlafen. „Das geht nicht einfach so“, findet er. Doch für sie ist körperliche Liebe nur ein technischer Akt und Liebe ein Mittel zur Erpressung.

Das Stück könnte aufgrund der mannigfaltigen Problemlagen und plappernden Art von Tama schnell an Wirkung verlieren, doch das Gegenteil ist der Fall. Regisseur Daniel Jäger und den sympathischen Darstellern gelingt es, den Spannungsbogen zu halten. Dass man an der einen oder anderen Stelle den Faden verliert, wenn Tama — nackt in eine Bettdecke gehüllt — zu monologisieren beginnt, ist Absicht. So richtet der Zuschauer wieder den Blick auf Chester, der verstört auf einem Stuhl in seinem Ein-Zimmer-Appartement sitzt und nicht weiß, wie er mit der potenziellen Selbstmörderin umgehen soll, in die er sich gerade verliebt.

Damit die Geschichte nicht zu textlastig wird, bietet auch das Bühnenbild (Bühnenbau: Ulrich Jäger) einige Abwechslung. Zu sehen ist eine Wohnung mit Bett, Kochnische, Sitzgelegenheit, Fenster und vielen Alltagsgegenständen, von denen einige zum Einsatz kommen. Hinter einem Vorhang liegt das Bad, das ebenfalls bespielt wird. In der ersten Szene ist das Appartement zwar schon da, aber ein Zaunelement, über das sich Tama neigt, zeigt, dass die Handlung hier auf einer Brücke spielt. Der Rest erklärt sich aus dem Text. Die einzelnen Szenen, die eine Zeit von zehn Monaten abdecken, sind durch Auf- und Abgehen der Akteure und Verdunkeln der Bühne deutlich gekennzeichnet.

Richtig lustig ist das Stück an den Stellen, an denen sich Tama und Chester wie ein altes Ehepaar streiten. Da hatte auch das Publikum im Tanzhaus viel Spaß und so manchen Wiedererkennungseffekt. Es ist zu hoffen, dass die zwei Vorstellungen, die die Komödie Hagen noch in Unterbarmen gibt, besser besucht sind als die Premiere. Wegen des schlechten Wetters waren viele Stühle leergeblieben. Es zeugte von der Professionalität von Stephanie Cordts und Marc Gruss, dass sie sich davon nicht abhalten ließen, den wenigen Gästen trotzdem einen tollen Theaterabend zu bescheren.