Wuppertal Wenn ein Quartett zum Solo wird
Das Wuppertaler Schauspiel setzt Heiner Müllers „Quartett“ als Ein-Mann-Stück in Szene.
Wuppertal. Zwei Orte, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten: ein adeliger Salon kurz vor der Französischen Revolution und ein Bunker nach dem Dritten Weltkrieg. So zumindest lautet die Ortsangabe in Heiner Müllers Schauspiel „Quartett“. Aber dieser Salon und dieser Bunker haben Gemeinsamkeiten: Endzeitstimmung und Ausweglosigkeit.
Müllers Verortung der Handlung ist aber keine Sache von Brokat oder Beton. Es ist eine innere der Seele und deren Abgründe. „So habe ich das Stück in ein Tanzlokal verlegt“, sagt Uwe Dreysel. „Es ist ein typischer Ort, um einen Geschlechtspartner zu suchen.“ Und um den Geschlechterkampf geht es in „Quartett“, das in einer Produktion des Wuppertaler Schauspiels am 4. Februar Premiere hat.
Der 30 Jahre alte Schauspieler führt gleichzeitig Regie. „Ich kenne dieses Stück seit rund zehn Jahren und wollte es seitdem immer machen. Denn das gegenseitige innere Zerfleischen zweier Menschen ist ein spannendes Thema“, sagt Uwe Dreysel. Ein wenig ähnelt Heiner Müllers Werk dem Stück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ von Edward Albee. Tatsächlich aber greift er auf den Roman „Gefährliche Liebschaften“ von Choderlos de Laclos von 1782 zurück.
„Er leiht sich aber nur die Namen aus, nicht die Handlung“, sagt Uwe Dreysel. Müller hat das Stück 1980 geschrieben — also vor über 35 Jahren. Aber das Thema ist aktueller denn je. „Es geht um eine hedonistische Lebensweise, in der nur ich selbst zähle und nicht die Gesellschaft um mich herum“, sagt der Schauspieler und Regisseur. „Man möchte immer die Oberhand behalten und nichts abgeben.“ Wie in de Laclos’ Roman geht es um eine Beziehung, die katastrophal gescheitert ist und auch andere mit ins Unglück reißt.
„Es dreht sich um eine Liebesbeziehung, die zu einer Gewaltbeziehung wird“, erläutert Produktionsdramaturgin Mona vom Dahl. „Man möchte dem anderen nur noch größtmögliche Verletzungen zufügen.“ Wie bei de Laclos ist dafür jedes Mittel recht. „Da Uwe selber auch Regie führt, bin ich sozusagen der Blick von außen auf das Stück, von dem ich genau weiß, wie er es sich ge-dacht hat.“
Der Titel „Quartett“ legt nahe, dass es ein Vierpersonenstück ist. Tatsächlich stehen nur zwei Akteure auf der Bühne: Valmont und seine ehemalige Geliebte Merteuil. In ihrem erotischen Duell, ihren eiskalten Analysen und obszönen Verbalschlägen schlüpfen sie aber auch in die Rollen von Volange und Tourvel. Uwe Dreysels Regieeinfall verschärft die Situation: Aus dem Quartett, das eigentlich ein Duett ist, macht er ein Solo. Er verkörpert alle zwei, beziehungsweise alle vier Figuren. „Es handelt sich um einen inneren Monolog“, erklärt Dreysel sein Konzept. „Nach einer entsetzlich gescheiterten Beziehung bleibt eine Person alleine zurück und will sich rechtfertigen.“
Damit das Publikum nicht durcheinander kommt, werden alle vier Charaktere vom Schauspieler auch durch visuelle Reize und Symbole gekennzeichnet. „Ich werde Ihr Conférencier sein und Ihre einzige Rettung“, verspricht Dreysel