Wuppertal Ein kultivierter, klangvoller Eugen Onegin
Eine konventionelle Inszenierung mit einigen sozialkritischen Momenten zeigt Tschaikowskys Oper auf der Bühne des Opernhauses.
Wuppertal. Man befindet sich in Russland in der Zeit des Fin de Siècle, also um die Jahrhundertwende vor dem Ersten Weltkrieg, in der sich Europa gesellschaftlich und kulturell im Umbruch befindet. Die Gutsbesitzer können nicht mehr leichfertig mit dem Rubel um sich schmeißen. Ihren Bediensteten geht es noch viel dreckiger.
Dieses Szenarium bietet sich in den ersten beiden Akten von Peter Iljitsch Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“, die im Wuppertaler Opernhaus in einer konventionellen Inszenierung mit ein paar sozialkritischen Momenten auf die Bühne gehoben wurde. Die Gutsherrenwitwe Larina kuvertiert akribisch den Lohn ihrer Bediensteten ein. Diese wiederum sind nur vordergründig froh über den kargen Inhalt der Lohntüte — Hauptsache, etwas ist drin.
Zur Party anlässlich des Namenstags ihrer Tochter Tatjana erscheinen die Gäste im nicht zum Event passenden, bescheidenen braungrauen Outfit (Kostüme: Ulli Kremer). Allen geht es finanziell schlecht. Was bringt die Zukunft? Auch der Ball im Palast des Fürsten Gremin spiegelt nicht eitel Freude, Sonnenschein wider. Denn sämtliche Damen (die Herren sowieso) haben sich in schwarze Gala geschmissen. Also geht es auch beim Hochadel nicht mehr so mondän-bunt zu wie gehabt. Diese Zustände scheinen Regis-seur Ansgar Haag wichtig zu sein, ohne dass dabei die Schwierigkeiten zwischen Tatjana und Eugen Onegin außer Acht geraten.
In einem von Bernd-Dieter Müller und Annette Zepperitz entworfenen Einheitsbühnenbild — dessen blaue Seiten sich nach hinten verjüngen und das schnell von den Darstellern in neue Lokalitäten umgewandelt werden kann — spielt sich das unlösbare Verhältnis der beiden zueinander ab. Hier verstört es ein wenig, wenn sich zu überspitzt Onegin als lässiger Kettenraucher und gedankenloser Tausendsassa gibt, der über beide Ohren Verliebten viel zu überheblich einen Korb gibt. Später wird sein Liebeskummer einleuchtend dargestellt, als die Protagonistin ihn nicht an sich heranlässt.
Mikolaj Zalasinski war es, der mit seinem wandlungsfähigen Bariton einen gesanglich kultivierten, klangvollen Onegin abgab. Auch Mirjam Tola als Tatjana gefiel mit ihrem sicheren und ausdrucksstarken Sopran. Anrührend war ihre Briefszene. Als Duo harmonierten sie gesanglich vortrefflich. Für beide gab es reichlich Beifall und — wie in Wuppertal nach Musikveranstaltungen üblich — standing Ovations nach dem letzten Fall des Vorhangs.
Ebenfalls boten Manuela Bress (Larina), Anna Maria Dur (Filipjewna), Viola Zimmermann (Olga), Mikhail Agafonov (Lenskij) und James Wood (Triquet) solide Gesangskunst. Nur der Bass von Andreas Hörl kam ein wenig zu kräftig daher, um dem Fürsten Gremin ein seriöses Antlitz zu verleihen. Opern- und Extrachor der Wuppertaler Bühnen (Einstudierung: Jens Bingert) ließen stimmlich und darstellerisch keine Wünsche offen.