Meine erste Platte Joe Cocker und Al Jarreau sind seine Helden

Wuppertal · Der Sänger Ulrich Wewelsiep hat mehrere CDs veröffentlicht und in sehr vielen großen Produktionen Titelrollen gesungen. Was hat ihn beeinflusst?

 Ulrich Wewelsiep zeigt seine erste eigene CD. Es habe erst später zu seinem Stil gefunden, sagt er.

Ulrich Wewelsiep zeigt seine erste eigene CD. Es habe erst später zu seinem Stil gefunden, sagt er.

Foto: Schwartz, Anna (as)

„Die erste Schallplatte, die ich mir gekauft habe, war die Single „Mister Pleasant“ von den Kinks. Die habe ich aber leider nicht mehr, da die so oft gespielt wurde, dass sie total durch war“.

Deshalb ist der Sänger und Gesangslehrer Ulrich Wewelsiep auf dem Foto mit seiner ersten eigenen CD „...my favourite stories“ zu sehen, die er 1991 mit der „Creme-de-la-Creme der holländischen Jazzszene“ in einem kleinen Studio im Bergischen aufgenommen hat. Obwohl die Stückeauswahl mit Jazzklassikern und auch die Tonaufnahmen hervorragend gelungen sind, blickt er auf sein Erstlingswerk selbstkritisch zurück: „Meine Stimme war damals noch ein bisschen zu artifiziell. Erst mit der zweiten, 1994 mit dem Gitarristen Thomas Brill veröffentlichten CD, habe ich meinen Stil gefunden und habe mir gesagt: Jau das is es“.

Zwei Sänger und Ereignisse haben maßgeblich dazu beigetragen, dass er Musiker wurde. Das war Joe Cocker beim legendären Woodstock-Festival und ein paar Jahre später die Entdeckung des US-amerikanischen Jazz- und Popsängers Al Jarreau. „Da sind zwei musikalische Bomben in meinem Gehirn explodiert. Die erste als ich hörte wie Cocker bei „With A Little Help From My Friends” sein Herz auf die Zunge gelegt und dies rausgeschrien hat. Da bekomme ich heute noch Gänsehaut“. Jarreau war schon 35, als er 1975 seine erste LP „We Got By“ veröffentlichte. „Ich bin damals regelmäßig zu Karl vom Kothen gegangen (Anm.: Dem einst großen Wuppertaler Radio- und Schallplattengeschäft), die hatten eine hervorragende Jazzabteilung und man konnte die Platten noch anhören. Da hörte ich diese Scheibe von Jarreau und dachte, meine Fresse, der macht genau das, was du immer machen wolltest. Auch die Spielereien mit der Stimme. Und all seine ersten Platten konnte ich bis zum letzten Ton auswendig und bin so im Grunde zum Jazzgesang gekommen“.

2006 gastierte Jarreau auch auf der Waldbühne Hardt und stellte dort sehr schnell fest, dass sie hier vor allem seine alten Jazznummern hören wollten. Zur Zugabe ist sogar noch Brenda Boykin eingestiegen und das Publikum war ganz aus dem Häuschen.

Die erste Platte
hat er kaputtgehört

„Sehr stark beeinflusst haben mich aber auch die Freejazzkonzerte im Von der Heydt-Museum in den 1970er Jahren. Da hörte ich Gunter Hampel mit einer Wahnsinnsbesetzung, und der Pianist hat dabei das Klavier auseinandergenommen, da war ich hin und weg. Auch Guru Guru fand ich faszinierend und natürlich Hölderlin, die ich im Impuls gesehen habe. Diese ersten Konzerte haben mich wahnsinnig geprägt“.

Wewelsiep wohnte noch in Velbert wo er im Keller des Jugendzentrums in Neviges auf eine Band traf, die einen Sänger suchte. „Da war damals im Grunde schon die halbe Börsenbeatband am Start und alle wollten dem Zeitgeist entsprechend Jazzrock machen. Ich hatte aber keine Texte und habe einfach angefangen mit Lauten und Geräuschen zu improvisieren. Das war noch bevor ich Al Jarreau kannte und der hat das dann so auf den Punkt gebracht, wie ich es mir vorstellte“.

Wewelsiep ist zwar Autodidakt, hatte aber auch mit Mitte 20 bei Günter Hübner in Wuppertal klassischen Gesangsunterricht. „Bei dem bin ich heute immer noch einmal im Monat zur Supervision und er kontrolliert meine Stimme. Denn im Alter rutscht man schon mal schnell ins Tremolo und das versuchen wir zu vermeiden“.

Weniger bekannt ist, dass Ulrich Wewelsiep deutschlandweit in sehr vielen Musicals in den größten Häusern Hauptrollen gesungen hat. Besonders aufgeregt war er aber, als er im November 1998 im Wuppertaler Opernhaus bei der Premiere der vom Can-Organisten Irmin Schmidt komponierten Oper „Gormenghast“ einen Soloapart hatte. „Da saßen alle meine damaligen Helden im Publikum: Mitglieder von King Crimson, David Sylvian und natürlich die ganzen Jungs von Can, die mich stark beeinflusst haben und, Mann – ich durfte da auf der Bühne stehen und einen zaubern“. Einen Riesenspaß machte auch, als er bei einer ‚Dschungelbuch‘-Aufführung in Bad Hersfeld zusammen mit Wolfgang Schmidtke und Jan Kazda mitwirkte.

Ob sein nächster Auftritt mit der Börsenbeatband am 4. Juni wegen Corona überhaupt stattfinden wird, ist leider nicht sicher. Aber wenn, dann werden sie ordentlich einen abrocken. „Denn ob Jazz oder Rock. Ist doch alles Musik. Einfach tolle Musik“.