Kunst für Schulabbrecher: Projekt-Förderung gekappt

Das Projekt „Du kannst was“ des Künstlers Ismail Çoban und der Arge gibt Schulabbrechern eine neue Perspektive. Der Bund will es nicht mehr finanzieren.

Wuppertal. "Wäre ich hier nicht gelandet, wüsste ich nicht, was ich gemacht hätte", sagt David Wallmann. Der 17-Jährige hatte die Schule abgebrochen und schon mehrere Versuche hinter sich, in einen Job zu kommen, bevor ihn die Arge zu dem Künstler Ismail Çoban schickte. Das war 2007. Seither ist durch das Projekt "Du kannst was!" viel in David Wallmanns Leben passiert.

Doch der Reihe nach: Initiator Çoban hatte sich zu Beginn nicht vorstellen können, dass das Projekt so erfolgreich anschlagen würde: "Am Anfang wollte ich ein Projekt für ausländische Mitbürger machen. Doch dann kamen immer mehr Deutsche, die Probleme mit der Schule haben", erklärt Ismail Çoban. Die jungen Leute malen, gestalten und modellieren im Atelier des Künstlern. Sie schöpfen neuen Mut und neues Selbstvertrauen. Viele finden den Weg zurück in die Schule. "Es ist für mich immer wieder faszinierend zu beobachten, wie sich junge Menschen positiv verändern, wenn man ihnen zuhört und sie ernst nimmt. Dafür steht der Titel unseres Projektes", sagt Çoban. Die Suche nach einem Geldgeber war nicht leicht. Zunächst hat Çoban das Projekt beim Integrationsministerium NRW eingereicht. Die Behörde lehnte den Antrag ab. Auch das Kultusministerium wollte kein Geld geben.

Schließlich hat die Arge von Çobans Vorhaben erfahren und finanzierte das Projekt aus Bundesmitteln - bis jetzt, denn die Förderung steht vor dem Aus. Die Begründung des Bundes, der die Arge mitfinanziert: Der Etat der Arge soll nicht für schulische Dinge verwendet werden. Ähnlich geht es auch anderen Projekten, wie Nachhilfe oder ähnliches.

Der Künstler versteht die Welt nicht mehr. Gerade lief alles so gut, der zweite Durchgang ging dem Ende entgegen - und dann dieser Schock. Ihm geht es nicht um das eigene Auskommen, sondern um die Zukunft seiner jungen Schüler: "Heutige Schulabbrecher sind oft künftige HartzVI-Empfänger", weiß Ismail Çoban und fügt hinzu: "Die junge Generation trägt später unsere Gesellschaft."

Diese Herausforderung wollen die Mädchen und Jungen im Kunstprojekt jedenfalls annehmen. Montags bis freitags von 9 bis 15 Uhr belegten die Jugendlichen zwischen 16 und 24 Jahren das Atelier. Neben den Räumlichkeiten, stellte er auch Material und Farben zur Verfügung. Außer Çoban waren noch zwei Kunstdozenten sowie ein Mathe- und ein Deutschlehrer im Projektteam. Der Künstler hatte ein offenes Ohr für die Probleme der Jugendlichen - und die nahmen das Angebot dankbar an.

Einige ehemalige Schulabbrecher wie David Wallmann fassten nach Ablauf des Projektes den Entschluss, die Kunst sogar zu ihrem Berufsziel zu machen. Çoban beriet ihn bei der Zusammenstellung der Vorstellungs-Mappe, das Berufskolleg nahm ihn schließlich mit der Bestnote "eins" auf. Heute macht David Wallmann sein Fachabitur in Kunst.

Aber auch die Jugendlichen, die Kunst nicht beruflich weiterverfolgen wollen, sind entschlossen, sich weiterzubilden. Sie gehen wieder zur Schule oder lassen sich mit Hilfe der Arge zu einer Ausbildung als Koch oder als Schreiner weitervermitteln. Çoban: "Die Jugendlichen spornen sich gegenseitig an und sagen sich: ’Mensch, wenn der es schafft, wieso soll ich es nicht schaffen? Ich schaffe das auch’", versucht er den Erfolg des Projektes zu erklären. Wenn Projekte wie seines aus Etatgründen scheitern, dann bleibt nur der alte Teufelskreis: Die Schulabbrecher erhalten keinen Abschluss, kriegen dann keinen Job und tauchen letztendlich doch wieder bei der Arge auf. Das Problem werde auf diese Weise nur verlagert, nicht gelöst.