Laurentiusempfang: Betriebsanleitung für eine gerechte Welt

Auf dem Laurentiusempfang ging es um Fußball, Armut, Reichtum und die ökumenische Ermunterung, die Bibel wieder mehr in den Mittelpunkt des Denkens und Handels zu stellen.

Foto: Andreas Fischer

Die Pastoralreferentin von St. Laurentius, Christa Neumann, hat die Vorlage gegeben, der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, machte das Tor. König Fußball stand diesmal Pate für das, was auf dem alljährlichen Laurentiusempfang in der wohl schönsten Kirche Wuppertals besprochen wurde.

Angesichts von hungernden Menschen überall auf der Welt prangerte die Pastoralreferentin den 222-Millionen-Euro-Transfer des brasilianischen Nationalspielers Neymar von Barcelona nach Paris an. „Mit dieser Summe hätte man Millionen Kinder ein Jahr lang gut ernähren können“, kritisierte sie und warb um Protest von Fußballfans. „Einfach mal einen Spieltag boykottieren und das nicht für Fußball ausgegebene Geld für Menschen in Not spenden“, schlug sie vor.

Dieser Gedanke wollte so manchem Fan unter den Zuhörern zwar nicht uneingeschränkt gefallen, aber er passt zum Schutzheiligen der Stadt. Für St. Laurentius waren arm, reich und die Rolle der Kirche klar definiert. Als er gezwungen wurde, den Kirchenschatz herauszugeben, versammelte er alle Armen. „Das ist der wahre Schatz der Kirche.“ Laurentius bezahlte seine Überzeugung mit dem Leben. Die Haltung des Heiligen lebt heute in der Kirche fort. Und das mehr denn je, seit sich Papst Franziskus von Glanz und Pomp distanziert, stattdessen Demut und Bescheidenheit fordert.

Dass Präses Manfred Rekowski die Vorlage von Christel Neumann nicht nur annahm, sondern ebenso elegant wie launig und kurzweilig verwandelte, wirkte wie geplant.

Manfred Rekowski, Superintendent des ev. Kirchenkreises

Rekowski, der über lange Jahre Pfarrer in Barmen war, erinnerte an die Worte des Trainers Christian Streich, der im Zusammenhang mit dem Transfer Neymars über Geld und dessen auf Dauer wohl verheerende Wirkung gesprochen hatte.

„In den Worten Luthers könnte man sagen, dass unsere babylonische Gefangenschaft heute nicht mehr in der Vergöttlichung der Kirche, sondern in der Vergöttlichung des Marktes besteht“, sagte er. Dabei stehe doch schon in der Bibel, dass Gott das anders gewollt habe und dass es falsch sei, sich anderen Mächten zu unterwerfen, als seien sie Gott.

Überhaupt die Bibel. Ihr misst Rekowski heute mehr denn je eine entscheidende Rolle für die Sinnfindung des Lebens und als Leitplanke für Gerechtigkeit bei. Bei der Schweizer Theologin Luzia Suttner Rehmann habe er gelesen, dass die Bibel aus der Sicht von hungrigen Menschen geschrieben sei, hungrig zunächst in einem sehr konkreten, materiellen Sinn.

Hunger in der Bibel meine aber auch Hunger nach tiefgreifender Reformation der Missstände dieser Welt. „Wut im Bauch“, den Titel des Buches halte er für einen passenden Schlüssel für das Rerformations-Jubiläum.

Die Welt braucht Veränderung. Für Luther war das Mittel zu diesem Zweck die Veränderung, letztlich die Spaltung einer Kirche, die sich aus seiner Sicht mit Gott gleich gestellt hatte.

Für Menschen wie Christian Streich, den Trainer des SC Freiburg, ist heute offenbar der Markt vergöttlicht, bestimmen Angebot und Nachfrage das Leben und treibt die Gier nach Erfolgen die Preise in schwindelerregende Höhen.

Wie es anders, besser sein kann, steht für Manfred Rekowski Schwarz auf Weiß in der Bibel. Gott spricht: Ich, ich tilge deine Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht, heiße es bei Jesaja. „Die Geschichten der Bibel sind heute so unbekannt, dass sie wieder hemmungslos erzählt werden können“, warb Rekowski für die mögliche Betriebsanleitung für eine gerechtere Welt.