Lebendige Erinnerungen an alte (Bahn)Zeiten

Verkehr bildete beim 6. Wuppertaler Geschichtsfest einen thematischen Schwerpunkt.

Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. „Schön, dass Sie da sind“, stand auf den Hemden der Mitarbeiter des Gastgebers Modelleisenbahn-Club Wuppertal (MEC), der die zahlreichen Besucher auf dem Gelände der Firma Holzrichter, nahe dem Trassenbahnhof Loh, zum 6. Wuppertaler Geschichtsfest willkommen hieß. Bei zeitweise strahlendem Sonnenschein präsentierten sich 23 Vereine, Initiativen und Institutionen, denen Geschichte im Tal der Wupper am Herzen liegt.

Und zu der gehört die Nordbahntrasse, die ehemals Rheinische Strecke, deren einstmals bewegte Geschichte und deren Verfall großformatige Fotos aufleben ließen. Dampfende Loks, riesige Güterzüge nutzten den Schienenweg auf der Rheinischen Strecke, die im Gegensatz zur Eisenbahnlinie durch das Tal vom Bombenhagel weitgehend verschont geblieben war. Den Verfall kennzeichnet am besten ein deprimierendes Foto des 1976 total maroden Bahnhofs Mirke.

Wie Züge aller Art ohne Probleme ihre Bahnen ziehen können, präsentierte der zwölf Jahre alte Fahrdienstleiter Niklas Hainbach vom MEC oben im Ausstellungsraum des Modelleisenbahnclubs in der Eschenstraße am elektronischen Stellwerk. Auf 200 Metern Schienen schnurrten bis zu 40 Züge am staunenden Betrachter vorbei.

Die Schwebebahn war das Thema für Michael Schmerenbeck, der in anderthalb Jahren Bauzeit Prachtexemplare im Maßstab 1:22,5 geschaffen hatte. Ein paar Meter weiter ließen Modelle der Kohlfurther Bahn und der Bergbahn die Herzen der Besucher höher schlagen. Hierfür zeichneten die Bergischen Museumsbahnen verantwortlich.

Unweit dessen wurde weit weniger seligen Zeiten gedacht. „Zwangsarbeit im Wuppertal“ mahnte an die Belgier, Holländer und die besonders schikanierten Russen, die im Tunnel Schee geschunden wurden.

Die Zeit von 1939 bis 1949 wurde für die Ausstellungsbesucher lebendig, indem Damen und Herren von „Living History“ in der Kleidung dieser Zeitepoche an die kaum für einen Kleinimbiss reichenden Tagesrationen der Nachkriegszeit erinnerten. Direkt nebenan Soldaten der damaligen Besatzungsmächte und Hinweise, dass die Polizei im Tal nach 1945 vornehmlich mit Einbrüchen und Schwarzhandel beschäftigt war. „Sammelt Knochen“ hieß zu jener Zeit ein Aufruf an die darbende Bevölkerung.

Neben der Trasse hatte die Wuppertalbewegung die Draisinen aktiviert, die begeistertes Interesse sowie aktive und passive Mitfahrer fanden.

„Farben, Fäden, Wasser, Dampf — das Industriezeitalter im Wuppertal“ hieß es an anderer Stelle, Modelle hierzu lieferte Thorsten Hielscher mit Dampflok und Dampfkutsche aus Zeiten, in denen die Pferdestraßenbahn ein gängiges Verkehrsmittel war.

Das Wetter ließ dabei keine Wünsche offen, nur den Schmalspurfreunden Wuppertal (SFW) passten Sonne und blauer Himmel nicht ins Konzept, weil es einfach zu hell für den mit viel Liebe vorbereiteten Film von der letzten Fahrt der Straßenbahnlinie 2 von Wichlinghausen zum Alten Markt anno 1964 war. Von einem „ollen Barmer“ in markigem Platt kommentiert, fuhren die beiden Wagen mit offenem Perron. „Abspringen während der Fahrt strengstens verboten“, aber immer wieder von sportlichen Fahrgästen gern getan, durch die Häuserschluchten.

Ebenso freundlich wie die Begrüßung auf dem Holzrichter-Gelände war auch die Verabschiedung: Da dreht nämlich Kurt Florian vom Netzwerk Industriekultur in Frack und Zylinder die Drehorgel und entließ die bergisch-geschichtlich bestens Informierten mit fröhlichen Klängen in den Alltag von 2017.