Stadtleben Wenn „Lili Marleen“ ankündigt: Der „Salva“ kommt
Küllenhahn. · Salvatore Morreale und sein Eis haben seit 40 Jahren ihre Fans. Unser Autor erinnert sich.
Wenn an lauen Sommerabenden in Cronenberg die „Lili Marleen“-Melodie durch die Straßen schallte, wussten wir Kinder sofort, was das bedeutete: „Der Salva kommt!“. Also schnell zu den Eltern gerannt, um ein paar Münzen in die Hand gedrückt zu bekommen, und dann nichts wie hin zum ikonischen roten Eiswagen.
Viele Kinder mehrerer Generationen teilen Erinnerungen an den Mann mit mir, der dann stets mit einem Spruch auf den Lippen sein selbstgemachtes Eis aus dem Fenster reichte, manchmal sogar eine Kugel verschenkte: Salvatore Morreale. Nun sitze ich mit meinem einstigen Sommer-Helden zusammen und lasse mir seine Geschichte erzählen, natürlich stilecht bei einem Espresso.
Um uns herum lebendige Gelato-Historie: Bilder aus nunmehr vierzig Jahren Selbstständigkeit pflastern eine ganze Wand, es gibt Urkunden und Geburtstagskarten von der Kundschaft. Kleine, rote Modellbusse, von einem Fan detailreich handbemalt mit Morreales Schriftzug, zeigen das Ansehen, das „der Salva“ genießt. Und in der Vitrine ein sorgfältig drapiertes Büchlein, in dem auf italienisch in die Kunst der Eisproduktion eingeweiht wird.
Seit 2005 kommt
das Eis vom Küllenhahn
Damit fing alles an, als Morreale zunächst in Cronenbergs Zentrum in einer Eisdiele angestellt war und schließlich im Jahr 1980 in der Barmer Finkenstraße seinen eigenen Laden erwarb. „Ich habe mit einem ganz alten VW-Bus angefangen, wenn man jung ist, hat man kein Geld“, lacht Morreale und deutet auf ein Foto an der Wand.
2005 folgte der Umzug auf den Küllenhahn, wo er nun im Wechsel 125 Eissorten herstellt. Anfangs waren es acht, doch nach wie vor wird es nach alter Tradition gemacht. „Kein Pulver, nur frische Zutaten, zum Beispiel Zitronen aus Sizilien.“
Doch auch Hürden wurden ihm in den Weg gestellt. Die Finkenstraße verließ er, so erzählt er, wegen intoleranter Nachbarn, später musste er vor Gericht seinen Firmennamen „Eis Meran“ verteidigen. Doch die Leidenschaft für seinen Beruf verließ ihn nie. „Man muss mit seiner Persönlichkeit und mit Qualität herausstechen“, weiß er.
Seinem Einsatz verdankt er, dass er nun bekannt ist in Wuppertal. Zur 40-Jahr-Feier erreichten ihn viele Glückwünsche und Geschenke. Wegen Corona konnte es keine Party geben, aber „vielleicht feiern wir nächstes Jahr“, so der Eismann.
Sein Beruf setzt voraus, dass ihm die Kinder besonders wichtig sind. In seinem Wagen steht eine Spendenbox, mit der er für „Kindertal“ sammelt. Cronenberg stehe in dieser Sache hinter ihm, berichtet Morreale und meint: „Um etwas zu bekommen, musst du geben.“ Auch im Berufsalltag verfolgt er dieses Ziel, doch mit einer Gratis-Kugel sei es nicht getan: „Sie merken: Schenkst du mit Herz oder nicht?“ Und so entscheiden die Kinder, „wer im Revier was zu sagen hat“. Es sei vorgekommen, dass Konkurrenz ausgebuht wurde, „die Kinder wollten den Salva“, erzählt er lachend.
Solange der Nachfolger fehlt, macht „Salva“ weiter
71 Jahre alt ist Salva jetzt. Wie sieht es mit der Zukunft aus? „Ich schulde Cronenberg, dass einmal jemand den Laden fortführt“, sagt der laut eigener Aussage älteste praktizierende Eismacher Wuppertals. Doch bis dahin gilt: „So lange der liebe Gott mich gesund hält, ist der Salva hier.“ Und eine weitere Weisheit lässt er sich nicht nehmen: „Alles, was du mit Liebe machst, fällt dir nicht schwer.“
Diese Liebe für sein Geschäft spüre ich beim obligatorischen Eisbecher, serviert von Salva aus dem roten Wagen, und fühle mich wieder ganz klein.