Natur Linden werden zur tödlichen Falle für Hummeln

Wuppertal · Unter den Bäumen am Straßenrand sieht man besonders viele tote Insekten. Hummelfreundlichen Gärten könnten helfen, das Problem anzugehen.

Linden wie dieses 130 Jahre alte Exemplar werden derzeit zu tödlichen Fallen für viele Hummeln.

Foto: Kurt Keil

Sie liegen häufig tot unter Linden: Dutzende Hummeln verendeten in den vergangenen Wochen unter den Bäumen, die häufig am Straßen- oder Wegesrand stehen. Die Ursache dafür war lange unklar.

1977 gab es nach Angaben des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) erstmals Hinweise, der Nektar spätblühender Linden könnte Mannose enthalten, ein Zucker, der giftig für Hummeln und Honigbienen sein soll. Städte überlegten, zur Bekämpfung des Hummelsterbens die Krim- und Silberlinde zu fällen, da beide in Mitteleuropa nicht natürlich vorkommen. Trotz langwieriger Analysen konnten im Lindennektar keine Mannose und auch kein anderer bienengiftiger Zucker gefunden werden. Durch einen Test an Hummeln wurde eine Vergiftung ausgeschlossen.

Eine Untersuchung sterbender Hummeln brachte Wissenschaftler der Universität Münster endlich auf die Todesursache: Massensterben durch Verhungern. „Wir wissen, dass die Tiere von der Linde angelockt werden, auch wenn sie keinen Nektar mehr hat“, sagt Jörg Liesendahl aus dem Vorstand des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) Kreisgruppe Wuppertal. Die Blüten des Baums duften noch intensiv, „aber die Bar ist schon geschlossen“, so Liesendahl. Mit fatalen Folgen: Die Hummeln fliegen zum Nektarsammeln mit fast leerem Magen aus, werden besonders von den Silberlinden angelockt, finden dort weder Blütenstaub noch Nektar und verhungern. Der Nektar wird auch als „Flugbenzin“ bezeichnet.

Hauptgrund für das Hummelsterben ist also der Nektarmangel im Hochsommer, ausgelöst durch immer steriler werdende Gärten und Grünanlagen. „Es werden weniger Hummeln und die Nester werden kleiner“, sagt Simon Holzner, Hummelschützer aus Solingen. Der Hummelforscher, der mehrere Hummelkästen besitzt, beobachtet das Hummelsterben seit Jahren. „Man sollte versuchen, das ganze Jahr über blühende Pflanzen im Garten zu haben“, sagt Holzner. Während das Nahrungsangebot im Juni noch äußerst üppig sei und die Insektenvölker stark wachsen, werde Ende Juli die Nahrung knapp.

Blumen, die im Herbst noch blühen, können Hummeln helfen

„Wenn jemand in der Nähe einer Linde wohnt, sollte er Lavendel und Stauden anpflanzen, die den Hummeln Nahrung bieten“, sagt Holzner. Grundsätzlicher formuliert es die Biologischen Station Mittlere Wupper. „Bei der Gartenplanung sollte man berücksichtigen, dass man auch Pflanzen hat, die im Spätsommer und Herbst noch blühen“, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Pia Kamberg und bezeichnet den Sommer als „Saure-Gurken-Zeit“ für Wildbienen wie Hummeln. Als Beispiel für nahrhafte Pflanzen nennt sie Korbblütler wie Sonnenblumen und Ringelblumen, aber auch einheimische Stauden wie Astern oder Artischocken. „Wichtig ist, dass die Blüten ungefüllt sind, denn bei gefüllten Blüten wurde der Pollen weggezüchtet“, sagt Kamberg. Sie empfiehlt den Kauf in einer Gärtnerei um die Ecke oder auch auf Pflanzenbörsen der Initiative „Wuppertals Urbane Gärten“.

Weitere Tipps für eine hummelfreundliche Umgebung: ein bisschen Unordnung im Garten, Fugen und Nischen offen lassen und den Rasen nicht komplett mähen, damit immer ein Blühangebot vorhanden ist. „Wir können zwar nicht die Welt retten, aber jeder einzelne kann etwas für ein ganzjähriges Nahrungsangebot tun“, sagt Kamberg.

Jörg Liesendahl vom BUND findet das Hummelsterben „in keinster Weise“ alarmierend. „Vielmehr sollte man sich Sorgen um die Arten machen, die seltener sind oder die es gar nicht mehr gibt.“ Meist lägen Stein- und Erdhummeln unter Linden, für die es egal sei, woher sie ihre Nahrung bekommen. Aussterben würden aber Hummelarten, die aufgrund der Form ihres Rüssels auf spezielle Blüten angewiesen seien. „In Krefeld gab es zum Beispiel vor einigen Jahren noch 18 Hummelarten, inzwischen sind es nur noch acht“, sagt der Biologe. Diese Entwicklung kann aus seiner Sicht auch nicht mehr zurückgedreht werden. „Dass der Mensch alles gestaltet, tut der Natur nicht immer gut.“