Mangelnder Brandschutz: Hochhaus in Wuppertal evakuiert

72 Mieter werden in Ersatzwohnungen untergebracht. Nach der Feuerkatastrophe von London hat die Stadt ihre Gefahreneinschätzung revidiert.

Busse stehen beriet, um die evakuierten Bewohner zu transportieren.

Foto: Michael Bergmann

Wuppertal. Die Brandkatastrophe von London hat jetzt auch in Deutschland erste konkrete Folgen. Aufgrund gravierender Brandschutzmängel hat die Stadt Wuppertal am Dienstag die Bewohner aus einem elfstöckigen Wohngebäude im Stadtteil Oberbarmen evakuiert.

„Wir sind in Folge der Brandkatastrophe in London, bei der im Hochhaus Grenfell Tower mutmaßlich 79 Menschen ums Leben gekommen sind, zu einer neuen Gefahreneinschätzung gekommen“, erklärte der zuständige Dezernent Frank Meyer. Das zum Ende der 1950er Jahre erbaute Hochhaus weist eine vorgelagerte Kunststoff-Fassade auf, die über einer Holzkonstruktion befestigt ist. Außerdem sei beim Bau entflammbarer Dämmstoff verwendet worden. In Kombination mit der besonderen baulichen Konstruktion des Gebäudes — der einzige Fluchtweg führt aus den Wohnungen über Balkone an der Fassade entlang — habe die Stadt handeln müssen. Im Haus sind 86 Wohnungen; 72 Bewohner sind gemeldet.

Wuppertals Feuerwehrchef Ulrich Zander berichtete über eine Brandschau, bei der die Mängel bereits 2010 festgestellt und dokumentiert worden seien. Letztlich hätten die Erkenntnisse aus dem Brand des Grenfell Towers, bei dem die Fassade des Hochhauses innerhalb von Minuten wie eine Fackel brannte, dazu geführt, die Gefährdungslage neu zu bewerten. Die Stadt hatte die wechselnden Besitzer in den Jahren zuvor mehrfach aufgefordert, die Mängel abzustellen. „Die ordnungsrechtlichen Maßnahmen haben jedoch nicht gegriffen“, erklärte Jochen Braun, Leiter des Ressorts Bauen und Wohnen der Stadt Wuppertal. Der jetzige Besitzer aus Berlin müsse postalisch informiert werden. „Er hat sich in der Vergangenheit wenig kooperativ gezeigt.“

Die Stadt Wuppertal will den Brandschutz von 70 weiteren Hochhäusern überprüfen. Derzeit gehe man aber allein bei dem evakuierten Gebäude von einer akuten Gefahr für Leib und Leben der Bewohner aus. „Die Entscheidung zur Evakuierung konnte um keinen Tag verschoben werden, als alle Fakten vorlagen“, sagte Frank Meyer, der die Räumung des Gebäudes gestern Morgen anordnete. Ab 17 Uhr waren dann Polizei und Ordnungsamt im Einsatz, um die Bewohner zu informieren. Sie werden in Privatwohnungen untergebracht. Jeder durfte nur einen Koffer mit Habseligkeiten mitnehmen.

Die Wohnungen werden kontrolliert und versiegelt. Die Betroffenen sollen in ihre Wohnungen zurückkehren können, sobald die Fassadendämmung entfernt ist. Dies könne allerdings mehrere Wochen dauern.