Forschung und Wissenschaft Mit dem Handwerk in eine digitale Zukunft – So hilft dabei die Bergische Uni Wuppertal

Wuppertal · Der Ingenieur André Pomp spricht über das Hochschulprojekt „Internet of Things“.

Digitale Werkzeuge sind im Handwerk keine Seltenheit mehr.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Der Wuppertaler Ingenieur André Pomp ist überzeugt: „Auch im Handwerk lässt sich die Digitalisierung effizient und praxisnah gestalten.“ Der Doktor am Lehrstuhl für Technologien und Management der Digitalen Transformation (TMDT) an der Bergischen Universität betreut seit drei Jahren das Projekt „Internet of Things für das Handwerk“ kurz IoT4H genannt und sagt: „Wir identifizieren gezielte Anwendungsfälle für das Internet der Dinge im Handwerk und setzen diese mit Handwerksbetrieben in der Praxis um – und das Potential ist groß.“

Der Oberbegriff für technische Verfahren und Systeme zur Gebäudeautomation in Wohnräumen und -häusern, in deren Mittelpunkt eine Erhöhung von Wohn- und Lebensqualität, Sicherheit und effizienter Energienutzung steht, ist Smart Home. „Wenn man sein Licht beispielsweise über das Handy steuern möchte, ist das ein typischer Anwendungsfall, die sogenannte smarte Glühbirne“, erklärt Pomp. Auch die automatisierte Heizungssteuerung zu Hause könne über kleine, smarte Thermostate und einen Raumsensor nach Bedarf geschaltet werden. Auf diese Weise kann die Heizung bereits einen Raum vorwärmen, wenn die Person noch auf dem Nachhauseweg ist. „Wir haben heute selbst intelligente Kühlschränke und Spülmaschinen. Also in vielen Alltagsgegenständen, die man mit Sensorik und Aktorik (Aktoren sind Antriebselemente, die elektrische Signale und Strom in mechanische Bewegung oder Licht transformieren) irgendwie intelligent machen kann, da finden wir das Internet of Things.“

Das Handwerk nutzt schon zahlreiche digitale Werkzeuge und baut seine digitalen Möglichkeiten stetig aus. Dennoch steht das Handwerk vor der spannenden Herausforderung, den Weg in die digitale Zukunft weiter zu gestalten und seine Chancen voll auszuschöpfen. Viele der Betriebe seien jedoch sehr klein, erläutert der Ingenieur und sagt: „Ein Großteil der Betriebe hat nicht mehr als fünf Mitarbeitende und das führt natürlich dazu, dass sie kein Fachpersonal für IT einstellen können.“ Zudem sei die Digitalisierung überhaupt kein großer Schwerpunkt innerhalb der handwerklichen Ausbildung, so dass sowohl die Auszubildenden, als auch die aktiv Beschäftigten mit der Technologie im Alltag wenig in Kontakt kämen.

André Pomp

Foto: UniService Third Mission

„Wir haben viele große Hersteller, die versuchen, IoT-Lösungen für das Handwerk auf den Markt zu bringen. Allerdings haben die jedoch immer den Nachteil, dass die Handwerksbetriebe ihre Daten kostenlos an diese Unternehmen weitergeben und nachher evtl. für den auf ihren Daten entwickelten Dienst wieder zahlen müssen.“ Die Daten für sich selber zu sammeln und frei zu nutzen, das finde sich im Handwerk einfach nicht. An dieser Stelle kann das Projekt IoT4H eine Chance bieten, indem es Kompetenzen vermittelt, das Handwerk auf die mannigfachen digitalen Möglichkeiten aufmerksam macht und erstmalig eine Plattform bietet, deren erfasste Daten allein den Handwerkerinnen und Handwerkern gehören.
Im Rahmen des BMBF-Programms „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ erarbeitet der Lehrstuhl für Technologien und Management der Digitalen Transformation seit 2022 innerhalb eines dreijährigen Projekts Möglichkeiten, Handwerksbetriebe dazu zu befähigen, die Potenziale des Internet of Things für sich zu erkunden und gewinnbringend einzusetzen. Dazu Pomp: „Unser Credo lautet: Aus dem Handwerk – für das Handwerk, denn, wenn man etwas für das Handwerk entwickeln möchte, muss man natürlich das Handwerk auch entsprechend mitnehmen.“ Daher suchten André Pomp und seine Teamkollegen Alexander Paulus und Andreas Burgdorf zur Unterstützung große Partner aus dem Handwerk und fanden sie in der Kreishandwerkerschaft Rhein-Erft sowie im Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk. „Dann haben wir versucht, für das Projekt entsprechende Betriebe in NRW zu begeistern, das heißt Betriebe, die mit uns zusammen sozusagen unterschiedlichste eigene Problemstellungen innerhalb dieses Forschungsprojektes erforschen“, erklärt Pomp das weitere Vorgehen. „Das sind Betriebe aus dem Denkmalschutz, aus dem Bereich des Hoch- und Tiefbaus sowie des Heizungsbaus, natürlich auch Dachdecker und ein Elektrobetrieb.“

Im Rahmen des Projektes wurden bereits mehrere IoT-basierte Anwendungsfälle und Prototypen für das Handwerk realisiert. So ist zum Beispiel eine Regenrinne entstanden, die sich mit einem Sensor ausgestattet, meldet, wenn die Dachrinne verstopft ist. Auch Prototypen zur Feuchtigkeitserkennung im Estrich und Mauerwerk sowie Anwendungen zum Werkzeug-Tracking sind bereits umgesetzt worden.

„Handwerksbetriebe für das Projekt zu gewinnen war initial gar nicht schwer“, sagt Pomp, „die Kreishandwerkerschaft hat da relativ schnell sieben Betriebe für uns gefunden, die wirklich Lust hatten, mitzumachen.“ Viel schwerer war es dann aber, die Handwerksbetriebe im Projekt zu halten, da sich der Beginn des Projektes durch Corona und die Flutkatastrophe fast zwei Jahre verzögerte. Einige Betriebe schieden dadurch aus, dass sich die Auftrags- und Mitarbeiterlage in dieser Zeit komplett geändert hatte. Aber noch ein anderes deutsches Problem machte sich bemerkbar. „Die bürokratischen Hürden für kleine Betriebe innerhalb der Förderlandschaft Deutschland sind sehr hoch. Ein Handwerksbetrieb mit fünf Personen hat die gleichen Hürden wie ein Großunternehmen. Daher kann man kleinere Betriebe oft nur schwer bei der Stange halten. Gerade die kleinen geförderten Betriebe haben wir daher während des Projekts auch leider verloren.“

Das Potential für Digitalisierung
im Handwerk ist noch groß

Das Team um André Pomp wirbt emsig für sein Projekt und nimmt auch regelmäßig an Fachmessen teil. „Wir waren letztes Jahr auf der Messe ,Zukunft Handwerk‘ und auf der ,Digitalbau‘ und da war das Interesse sehr groß. Viele Betriebe möchten die Datenplattform testen“, sagt der Ingenieur, „die Handwerkskammern und die Kreishandwerkerschaften beraten auch dementsprechend ihre Betriebe.“ Im Sommer dieses Jahrs endet die Laufzeit des Projektes und Pomp resümiert: „Die wichtigste Erkenntnis, die wir gewonnen haben ist, dass Digitalisierung im Handwerk bisher, gerade im IoT-Bereich, noch sehr wenig zu finden ist.“ Das Potential sei jedoch sehr hoch.