Mit Offline-Experiment erfolgreich durch den Winter

Die Hebebühne ist keine klassische Galerie, sondern ein Ort für vielfältige Kunst-Aktivitäten. Im Moment testet sie ein neues Format.

Foto: Andreas Fischer

Die Hebebühne steht in der Wuppertaler Kulturszene für Experiment, Improvisation und Offenheit. In der ehemaligen Tankstelle mit Autowerkstatt neben dem Mirker Bahnhof wird ausprobiert — mit viel Einsatz, eingeschränkter Zukunftssicherheit und ebensolcher Nutzbarkeit. Ein Kunst(t)raum für Enthusiasten, der sich vor allem in der regionalen Kunst-Szene einen guten Namen erworben hat und der nicht nur von der Stadt ernst genommen wird. Eine klassische Galerie ist die Hebebühne nicht.

Von November bis März ist die Hebebühne geschlossen. Die 60 Quadratmeter in der ehemaligen Autogarage, die ihre besten Tage in den 60er Jahren hatte, können mangels Heizung nicht durchgängig bespielt werden. „Die Leute haben schon mal gefragt, ob es uns nicht mehr gibt“, sagt Leonie Altendorf vom Vorstand des Hebebühnenvereins. Mit „offline“ erwacht der Ausstellungs- und Veranstaltungsort erstmals aus seinem Winterschlaf. Die sprichwörtlich erhellende Idee: Der Ort wird selbst zum Kunstobjekt. Wuppertaler Stadtwerke und Bergischer Kulturfonds fördern das Projekt, eine unabhängige Jury wählte aus zahlreichen Bewerbungen aus. Im Dezember nutzte die Koreanerin Boohri Park die Fensterfronten des Gebäudes als Projektionsfläche für ihre poetische Videoarbeit „Domestic Landscape“, die der Wettertristesse Eindrücke „fauler Sommertage“ entgegensetzte. Im Januar sorgten Anne Euler (Bonn) und Tina van de Weyer (Offenbach) mit experimentellem Film und Installation für Emotion und Irritation in der Dunkelheit („Catch — Shoot — Release“). Große Gips-Skulpturen setzt im Februar Pierre-Charles Flipo von der Düsseldorfer Kunstakademie der Witterung aus, nutzt dabei auch den schwarzen Kiesvorplatz („Plaster by fire“), und im März baut die Belgierin Pauline Debrichy große Holzkonstruktionen („Axis of symmetry“) vor und auf das Gebäude.

„Die Resonanz in der Stadt, bei Nachbarn und Künstlern ist sehr gut“, zieht Altendorf ein Zwischen-Resümée zu „offline“. Nach einer Finissage und Großreinemachen wird die Inline-Ausstellungssaison im Mai mit Fotoarbeiten des Esseners Thomas Höing eröffnet.

2009 war es soweit: Adrian Wohlgemuth wollte lieber studieren als weiter Gebrauchtwagen verkaufen. Mit Gleichgesinnten gründete er den gemeinnützigen Kunst- und Kulturverein Hebebühne, um in den Räumen an der Mirker Straße im weitesten Sinne kulturell aktiv zu werden. Der Name soll, so Gründungsmitglied Jacob Economou, Kultur und Ort miteinander verbinden. Seither ersetzte mannigfaltiges Leben die Autos. Partys wurden gefeiert, Talkshows und Konzerte veranstaltet, Filme gedreht oder aus Büchern vorgelesen. Instrumente wurden für einen Videoclip zerstört, Wände bemalt und mit Wasser bespritzt, so dass die Farbe hinunterlief, oder Erde mit Schubkarren hereingekarrt. Altendorf: „Viele Künstler arbeiten bewusst mit den örtlichen Gegebenheiten.“

Es entstanden erfolgreiche Formate wie „Flügge“, das Künstler fördern soll, die am Anfang ihrer Karriere stehen, der Markt für unabhängige Labels, Werkstätten und Designer, „Needful things“, oder die Sporteventsatire „Supergolf“, die 2018 zum siebten Mal gespielt wird. Die Teilnahme an Kultur-Events sowie Kooperationen mit Nachbar Utopiastadt, mit der man als „kleine, ältere Schwester“, so Knut Heimann, viele Anknüpfungspunkte habe, runden das Engagement ab.

Bei der Auswahl der Künstler wird auf Qualität, nicht auf Formalitäten geachtet. Man vertraut einander und dem Knowhow des anderen. Langfristige Planungen verbieten sich schon deshalb, weil die Räume nur gepachtet sind. Der aktuelle Sanierungsstau bei Fenstern, Wänden, Fassaden und Boden soll zwar behoben werden (wofür noch Sponsoren gesucht werden), aber, so Economou, an eine Heizung werde vorerst nicht gedacht. Wohl aber an das zehnjährige Bestehen, das 2019 begangen werden soll.