Neonazi-Demo: Angeklagter entlastet und trotzdem verurteilt

Ein 21-Jähriger hatte übers Internet seine Freunde zum Prozess eingeladen, was die Justizbeamten in Alarmbereitschaft versetzte.

Wuppertal. Am Landgericht waren die Justizbeamten am Freitag besonders aufmerksam. Ein Angeklagter (21) hatte vor seinem Prozess bei Facebook eine Gruppe eröffnet, in die er Freunde eingeladen hatte, das Verfahren gegen ihn zu besuchen. Wenig später hatten sich 120 Mitglieder online für das Verfahren angekündigt — kein Saal am Landgericht wäre diesem Ansturm gewachsen.

Durch einen Hinweis der Polizei wurde auch die zuständige Richterin auf die Facebook-Gruppe aufmerksam und kontaktierte Monika Götz, die Anwältin des 21-Jährigen. Sie verabredete mit ihm, die Facebook-Gruppe zu löschen. Zudem hatte der Angeklagte jene 120 Mitglieder per Nachricht gebeten, nicht zum prinzipiell öffentlichen Prozess zu erscheinen, weil er negative Auswirkungen auf das Strafmaß gegen sich befürchtete.

Eingeladen hatte der 21-Jährige seine Freunde, weil er sich zu Unrecht angeklagt fühlte. Der Wuppertaler war Ende Januar an der Protestdemo gegen den Neonazi-Aufmarsch in Elberfeld beteiligt und wurde dort zwischenzeitlich festgenommen. Weil er einen Polizisten geschlagen und sich gegen seine Festnahme gewehrt haben soll, stand er am Freitag vor Gericht. Das bestätigte auch ein beteiligter Polizist im Zeugenstand.

Ein Polizeivideo und Videos des Wuppertaler Medienprojektes entlasteten den Angeklagten: Die Videos zeigten nur eine natürliche Abwehrreaktion des Angeklagten, als der Polizist auf ihn zurannte. Schläge gegen den Polizisten waren auf den Videos nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Während der sechs Sekunden, die das gezielte Vorgehen der Beamten dauerte, sind vier Schläge mit einem Schlagstock gegen den 21-Jährigen auf Video festgehalten. Trotzdem wurde der junge Mann zu einer Geldstrafe von 300 Euro wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verurteilt, weil er ein Springmesser mitführte. Dabei handele sich um ein Arbeitsgerät, gab der Angeklagte am Freitag an. Er sieht sich als Opfer des Polizeieinsatzes: „Ich wollte kein Chaos stiften, ich wollte nur zeigen, dass ich angeklagt wurde, obwohl ich ein friedlicher Demonstrant war“, begründete er im Prozess die Facebook-Einladungen.

Seine Facebook-Freunde indessen folgten seiner Ausladung und erschienen am Freitag nicht zum Prozess. Monika Götz, Anwältin des Angeklagten: „Eine Facebook-Party brauchen wir vor Gericht nicht.“