Schwere Vorwürfe gegen Lehrer in Wuppertaler Justizschule
Immer mehr Hinweise auf Übergriffe. Nun hat die Hausleitung Strafanzeige gestellt.
Düsseldorf. Die Affäre um die Landesjustizvollzugsschule in Wuppertal zieht immer weitere Kreise. Der Vizechef der CDU-Landtagsfraktion, Peter Biesenbach, erhob am Freitag schwere Vorwürfe gegen Justizminister Thomas Kutschaty (SPD): „Es handelt sich um einen Fall von mangelnder Dienstaufsicht.“ Im Internet gibt es derweil anonyme Hinweise, die auf ein jahrelanges Schreckensregime von einigen Ausbildern in der landesweit einzigen Ausbildungsstätte für Gefängniswärter schließen lassen.
Vor einigen Tagen habe eine komplette Abschlussklasse in einem Brief an das Ministerium auf Missstände in der Schule hingewiesen. Dort werde vor allem das „paramilitärische Auftreten“ von vier Ausbildern und ihr rauer und harscher Unterricht angeprangert, so Biesenbach. Er forderte den Minister auf, dazu Stellung zu nehmen. Zudem habe Mitte Juni bei einer turnusgemäßen Personalratssitzung im Ministerium ein Lehrer angesetzt, über die Probleme in Wuppertal zu berichten. Da sei er aber im Beisein des Ministers von Staatssekretärin Brigitte Mandt rüde zur Ordnung gerufen worden: „Das gehört nicht hierher.“
Klaus Jäkel, Vorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, bestätigte am Freitag gegenüber dem WDR die Existenz des Beschwerdebriefs. Er zeigte sich bestürzt über die Vorwürfe: „Es ist nicht Aufgabe der Justiz, Bedienstete zu quälen.“ Zudem hätten nach seiner Kenntnis 15 von 35 Lehrern an der Wuppertaler Schule versucht, sich wegzubewerben — an das neue Jugendgefängnis in Wuppertal-Ronsdorf.
Im Internet gibt es Hinweise darauf, dass insbesondere der Lehrer H. über rund 15 Jahre besonders martialisch aufgetreten ist. „Gottkaiser“, „Stinkstiefel“ wird er dort genannt, mehrfach wird geschildert, wie er Auszubildenden beim Sicherheitstraining den Ellbogen ins Gesicht rammte. Andere Blogger nehmen H. in Schutz und bezeichnen die Beschwerdeführer als „Weicheier“ und „Waldorfschüler“.
Die CDU fordert Minister Kutschaty auf, in der kommenden Woche im Rechtsausschuss Stellung zu nehmen.
Am Freitag Nachmittag reagierte das Ministerium. Ein Sprecher bestätigte, dass das Beschwerdeschreiben der Klasse am 1. Juli im Hause eingegangen ist. „Auf wie auch immer geartete Übergriffe gibt es darin keine Hinweise. Eine Klage gegen das Ausbilderteam für Selbstverteidigung wird nicht geführt. Auch ein ,paramilitärisches Auftreten’ wird nicht moniert. Gegenstand des ,Erfahrungsberichts’ sind empfundene Auswirkungen einer seit 2009 geltenden Reform der Ausbildungsinhalte und didaktische Grundlagen, die sich angeblich auf das Klima der Lehrer untereinander zulasten der Schüler auswirkten“, sagte ein Ministeriumssprecher.
Die Schulleitung hat mittlerweile Strafanzeige gestellt. Alle 280 Absolventen des letzten Ausbildungsjahrs würden befragt, ob es weitere Übergriffe gab, so der Sprecher. Beim letzten Vierteljahresgespräch seien die Zustände in der Schule kein Thema gewesen.