Neue Kampagne: Schockierende Videos gegen den Unfalltod
Fahrschüler bekommen die bewegenden Filme zu sehen und sollen lernen, zurückhaltend Auto zu fahren.
Wuppertal. Ein Staatssekretär in der Fahrschule? Ja, doch Manfred Palmen ist kein Führerscheinspätling, vielmehr unfallfrei schon nahe ans Rentenalter gerückt. Der Grund für sein Erscheinen in der Fahrschule Müller am Karlsplatz klingt im Originalton ein wenig spröde: "Vorstellung von Schockvideos und Diskussion über den Einsatz dieser in der Ausbildung zum Erwerb der Fahrerlaubnis". Anders gesagt: Führerscheinbewerber sahen im Film, welches Leid durch Leichtsinn am Steuer entstehen kann.
Obwohl keine Pflicht zur Teilnahme bestand, fanden sich erfreulich viele junge Menschen bei der Veranstaltung ein. Ihnen erläuterte Palmen zunächst einmal, warum Verkehrserzieher nun den heilsamen Schock als pädagogisches Mittel einsetzen möchten.
Junge Leute zwischen 18 und 24 Jahren machten acht Prozent der NRW-Bevölkerung, aber nahezu 20 Prozent der landesweiten Verkehrstoten aus. An Max Ried, der soeben den Motorradführerschein erworben hat, richtete der Staatssekretär sehr direkt den Hinweis, dass Zweiräder gleich 18 Mal häufiger in Unfälle verwickelt seien als PKW.
Die Mahnung prallt zunächst einmal ab, doch schon der erste Film geht unter die Haut. Frontalzusammenstoß mit einem Baum, der alkoholisierte Fahrer war bei Tempo 200 und Reifglätte auf einer Landstraße ins Schleudern geraten und hatte drei junge Beifahrer mit in den Tod gerissen. Er realer Unfall, der bei der Vorführung an Brisanz gewinnt, weil der einzige Überlebende über die schreckliche Erfahrung berichten und damit unterschwellig den Führerscheinanwärtern ins Gewissen reden kann.
Zwei weitere Filme zum Thema Anschnallpflicht und Geschwindigkeit verfehlen ein wenig das Ziel, denn sie reihen sich mit Musikbegleitung und geschickter Kamerainszenierung eher in die Riege unterhaltsamer Werbeclips. "Heftig" wird es laut Fahrschülerin Christina Schmidt beim letzten Fall, der auch Janina Postler "sprachlos" macht. Ein Mädchen folgt dem Rat ihrer Mutter und verzichtet in der Disco auf Alkohol, wird dann aber von einem jungen Mann überfahren, der unter Drogeneinfluss steht. Der Apell der Sterbenden lässt kalte Schauer über den Rücken laufen.
"Mir standen die Tränen in den Augen", gesteht der altgediente Fahrlehrer Achim Müller, der nun von Wuppertal aus seine Kollegen im Bergischen Land davon überzeugen möchte, die Videos im Unterricht einzusetzen. Während Max Ried noch rätselt, ob solche Filme überhaupt jugendfrei seien, hat Jochen Boisen den Sinn vollauf erkannt. Der 33-Jährige hat schon viel Fahrpraxis gesammelt und macht derzeit den LKW-Führerschein. Er sei bislang immer ziemlich rasant gefahren, aber diese Vorführung habe ihn doch zum Nachdenken gebracht.