Arbeitslosigkeit Eine Perspektive für mindestens 400 Menschen
Wuppertal · Analyse: Das neue Teilhabechancengesetz ermöglicht langfristige Integrationshilfen für Langzeitarbeitslose.
Seit Anfang des Jahres gibt es eine neue Fördermöglichkeit für Menschen, die schon lange nicht mehr gearbeitet haben. Für Sozialdezernent Stefan Kühn und Jobcenter-Chef Thomas Lenz ein lange gefordertes Instrument, diesen Menschen zu helfen.
Das Jobcenter ist stolz, im vergangen Jahr mehr als 7000 Menschen in sozialversicherungspflichtige Arbeit oder Ausbildung vermittelt zu haben – ein Rekord. Doch es gibt auf der anderen Seite Menschen, bei denen das nicht gelingt – aus unterschiedlichen Gründen: weil sie keine Ausbildung, Gesundheits- oder psychische Probleme haben. Stefan Kühn spricht von fast 14 000 Menschen in Wuppertal, die vier Jahre oder mehr keine Arbeit hatten.
„Wir müssen diesen Menschen eine Brücke bauen“, sagt Kühn. Die sei jetzt mit dem Teilhabechancengesetz möglich. Darüber zahlt der Bund fünf Jahre lang Zuschüsse zu einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz, teils bei Freien Trägern, teils in Unternehmen.
Acht Millionen Euro erhält Wuppertal dafür, damit können 400 solcher Arbeitsplätze geschaffen werden, 180 bei Unternehmen, 120 bei freien Trägern, die damit gemeinnützige Arbeitsplätze schaffen, etwa für Mitglieder des Stadtteilservice, des Wartungs-Teams der Nordbahntrasse, als Gesundheitsassistentinnen in Schulen, als Helfer zur Pflege von Sportplätzen oder Renovierung von Schulen. 100 weitere Arbeitsplätze bei Unternehmen werden für zwei Jahre gefördert.
Zusätzlich 100 Arbeitsplätze
durch Einsparungen
Bei der fünfjährigen Förderung wird das Gehalt zwei Jahre zu 100 Prozent übernommen, ein Jahr zu 90, ein Jahr zu 80 und ein Jahr zu 70 Prozent. Bei der zweijährigen Förderung gibt es erst 75 Prozent Zuschuss, dann 50 Prozent. Die Teilnehmer werden zudem von einem Coach begleitet. Weil die Teilnehmer keine Leistungen des Jobcenters mehr beziehen, wird Geld gespart. Das soll noch einmal in Arbeitsplätze investiert werden – bis zu 100 könnten so entstehen.
Teilnehmer müssen mindestens 25 Jahre alt sein und in den letzten sieben Jahren mindestens sechs Jahre Leistungen des Jobcenters bezogen haben. „Das betrifft mehr, als nur Arbeitslose“, erläutert Thomas Lenz. „So können zum Beispiel Aufstocker teilnehmen.“ Für Menschen mit Kindern gelten erleichterte Bedingungen: Sie müssen nur fünf Jahre Leistungen bezogen haben. „Das entspricht der Philosophie, dass arbeitende Eltern die Kinder anders prägen“, erklärt Thomas Lenz. Das solle der „vererbten Armut“ entgegenwirken.
Um potenzielle Arbeitsplätze zu finden, wurde das Programm schon bei verschiedenen Veranstaltungen vorgestellt. „Das läuft gut“, sagt Thomas Lenz, sie hätten schon zahlreiche Anfragen. Stefan Kühn sagt, bei den freien Trägern gebe es mehr Interessenten, als sie brauchen. Firmen und freien Trägern werden jeweils drei bis vier ausgesuchte Kandidaten vorgestellt – sie sollen gut auf die Stelle passen.
Kühn sagt, das Gesetz „ist wirklich eine Weiterentwicklung“. Bisher seien die Menschen oft nur ein halbes Jahr in einer solchen Maßnahme geblieben, jetzt könnten sie länger betreut und so ans Arbeitsleben herangeführt werden. Denn „wer jahrelang arbeitslos war, „ist nicht sofort olympiareif“. Auch Thomas Lenz hält das Gesetz für „eine gute Sache“. Die Förderung koste zwar Geld, aber es sei eben besser, Arbeit zu finanzieren, als Menschen nur zu alimentieren. Er verweist auf seine Erfahrungen: „Wenn Menschen eine sinnvolle Aufgabe haben, dann sieht man, dass sie wachsen. Das wird eine ganz andere Person.“