Paul Welfens bei UniTal: „Ganze Länder werden in Konkurs gehen“
Rekordbesuch zum Auftakt der Vorlesungsstaffel 2009 . Hunderte hörten Professor Welfens Analyse der Bankenkrise.
Wuppertal. Wenn man der Finanzkrise eine positive Seite abgewinnen möchte, dann wäre es vielleicht die Tatsache, dass Menschen massenhaft aus dem Traum der Leichtgläubigkeit gerissen wurden. Denn wer würde sich heute noch riskante Finanzgeschäfte aufschwatzen lassen, ohne das Kleingedruckte zu lesen? Genau das aber war noch im Sommer 2008 durchaus geläufig.
Im Zeichen des neuen Wachzustandes erlebte die CityKirche am Donnerstag einen Ansturm, wie ihn die Reihe UniTal bislang nicht kannte. Professor Paul J. J. Welfens vom Institut für internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Bergischen Uni nahm dabei das Bankendebakel unter die Lupe und ließ keinen Zweifel daran, dass selbst die besonnenste Politik nur noch die Spitzen der Katastrophe abfangen kann.
Sollte dereinst jemand fragen, ob denn niemand das Chaos hat nahen sehen, so fällt das Fazit betrüblich aus. Denn es gab die Warner, nur leider nicht genügend Verantwortliche, die deren Rat folgten. Scharf ging Welfens mit hochbezahlten Spitzenkräften ins Gericht: Josef Ackermann, Jochen Sanio, Hans Eichel. Was von Industrie und Wissenschaft verlangt werde, nämlich ehrliche Leistung, hätten Politiker und Banker in den Wind geschrieben.
Die nahende Weltrezession taxierte Welfens als einen Ruin, der schlimmer ausfallen werde als die Weltwirtschaftskrise der 20er Jahre. Damals nämlich seien einige Nationen noch stabil geblieben, was er derzeit nicht prognostizieren könne. "Ganze Länder werden in Konkurs gehen." Das betreffe leider vor allem die armen Nationen und kaum die USA, deren Investmentbanker nichts als eine negative Nettowertschöpfung geschaffen hätten.
Dass keine Bank mehr der anderen traue, sei eine völlig neue Situation und zugleich der Zustand, der nun mit allen Mitteln bekämpft werden müsse. "Es ist so, als würden Sie einen Unfall verursachen und müssten dem Kontrahenten gestehen, dass Sie nicht wissen, wo Ihre Versicherungspolice ist", erläuterte Welfens den seltsamen Deal mit Kreditversicherungspolicen. Klare Zahlen müssten auf den Tisch, um neues Vertrauen zu schaffen. Da sei die Politik gefragt und müsse sich endlich auch Rat bei Wissenschaftlern holen. Kurzfristiges Entscheidungskalkül müsse bestraft werden, etwa durch Steuern bei der Eigenkapitalrendite. Nur so seien Verantwortliche zu zwingen, auf langfristig erzielbare Rendite zu setzen.