Perfektion in Punkt und Stahl
Die Galerie Grölle zeigt minimalistische Arbeiten von James Rogers und Keith Bowler.
Wuppertal. Es ist ein hübsches Paradox: Geometrisch betrachtet hat ein Punkt keine Ausdehnung, praktisch füllt er einige Wände in der Galerie Grölle pass:projects. Für den Künstler James Rogers „ist der Punkt in seiner Einfachheit und Perfektion das ideale, minimalistische Kunstobjekt: Er hat nur eine Kante und keine Ecken“. Seit 1968 setzt sich der heute 81-Jährige mit Punkten auseinander.
Wuppertal zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Engländers. Kennengelernt hat er die Stadt bereits in den 50er Jahren als Soldat der britischen Armee. Danach hat er in London und Leicester Kunst studiert, war Ende der 60er Jahre einer der ersten Kunst-Dozenten von Tony Cragg, in dessen Wuppertaler Atelier er wiederum von 1988 bis 2000 gearbeitet hat. Seit langem lebt Rogers nun schon an der Wupper.
Er ist ein früher Vertreter des Minimalismus und hat ihn in seiner schematischen Logik und seriellen Vervielfältigung stetig weiter entwickelt. Nach vielen Versuchen hat er das passende Papier gefunden, bemalt es in einer von acht Farben und schlägt mit einem Locheisen die Punkte heraus — einen wie den anderen: „Alles ist auskalkuliert.“ 481 Punkte hat er für die größere der beiden Arbeiten mit dem Titel „Himmel und Erde“ auf die Wand geklebt, in exakten Linien und präzisen Abständen. Zugleich sind Punktgrößen und -Abstände variabel: „Jedes Format ist möglich.“
Seine Bilder seien die pure Abstraktion, so Rogers. Weil Menschen so eine große Freiheit von Festlegung kaum aushalten, sieht der Betrachter unwillkürlich räumliche Tiefen, sucht nach Gesetzmäßigkeiten. „Natürlich gibt es ein System dahinter, die Leute fragen mich auch immer danach“, sagt James Rogers. „Aber ich verrate es nicht.“ In die aktuellen Arbeiten führt er zusätzlich eine erzählerische Dimension ein. Auf „Entdeckungen im Zwielicht“ etwa verdecken graublaue Streifen die Punkte, die darunter liegen könnten. Rogers lächelt: „Alles könnte eine Bedeutung haben.“ Oder schiere, schöne Form sein.
In anderer Weise subtil und minimalistisch sind die sechs Lichtobjekte von Keith Bowler, der schon 2005 in Wuppertal aktiv war. Damals schickte der Brite bei seiner Lichtinstallation „Zwanzig Ellen“ einen grünen Laserstrahl durch den Weyerbusch-Turm, der sich anschließend zwischen den dunklen Bäumen verlor.
Basis seiner aktuellen Arbeiten „Short Suite“ sind Teile einer demontierten Lüftungsanlage, die er in London in einem Container gefunden hat. Zwei Jahre hat Bowler mit den bizarr geformten Behältnissen aus verzinktem Stahl experimentiert, bis er mit Spiegeln und verborgen angebrachtem Kathodenlicht eine magische Tiefenwirkung erzielt. Es ist ein starres Material und kaltes Licht, doch im Ergebnis wirken die Oberflächen handschmeichelnd, räumliche Begrenzungen werden fließend.