Perkussion trifft Kirchenorgel
Vom Solo bis Tutti: Improvisation erst im Ort, dann in der Sophienkirche mit sechs Musikern.
Aus Wuppertals Jazzszene ist man einiges, auch sperriges gewohnt. Auch das diesjährige Festival zu Ehren von Peter Kowald war erstaunlich, doch weniger schroff als faszinierend: Improvisation war das Motto, Perkussion, Blockflöte und Saxofon trafen Kirchenorgel - sogar mit Raumwechsel. Denn in der nahen Sophienkirche wartete als Partner „Unerhört“: Die dortige Konzertreihe steht schon immer für improvisierte Musik, und so lag für 2018 das Bindeglied auf der Hand und quasi vor der Haustür. Ergänzen sollte die Orgel dort eine Auswahl an Instrumenten, die im Ort schon am Vorabend solistisch ihren Einstand gegeben hatten: Saxofon, Blockflöte und Perkussion - darunter koreanische.
Nicht nur der Transfer zur Sophienkirche mit Wegzehrung geriet fein und etwas feierlich. Nicht zuletzt lag das sicher an der impro-typischen Ungewissheit: „Wir wissen alle nicht, was jetzt passiert“, sagte Gunda Gottschalk vom Ort in der Kirche, wo die sechs Solisten zum „Tutti“ fanden. Die Soli vorab waren freilich mehr als Vorspiel. Jeder Musiker gab im Ort einen Eindruck von den Möglichkeiten seines Instruments, zuweilen speziell genug: Kathrin Scherer präsentierte ihr Saxofon erst stimmlos-gehaucht, nachdem bereits Simon Camattas Schlagzeug mit experimentellem Sound vorgelegt hatte. Und Wolfgang Kläsener, bekannt als Kirchenmusiker, brachte schon in den Ort augenzwinkernd eine Spur von Bach und Orgel.
Für groß und raumgreifend war drüben Zeit: Das Publikum saß in der Kirche mit Orgel im Rücken und erlebte einen Gesamtklang in Bewegung: Kim Bo-Sung korrespondierte am Kayagum, einer koreanischen Zither, mit Shin Hyo-Jins Perkussion, die rechts von der Seite oder gehend agierte. Camatta am Schlagzeug gab Rhythmus in wachsender Lautstärke, der zunehmend mit schon physischer Wucht packte. Und nun doch die Orgel, die sich von hinten erst einzugliedern schien ins polyphone Spiel. Scherers Saxofon hielt hinein in die brodelnde Steigerung, laut und melodisch, die Orgel wurde gewaltiger, bis schließlich Dodo Kis an der Flöte melodisch Entspannung einläutete. Ruhe nach dem Sturm - so mochte das im Ganzen wirken.
Bei aller Spontaneität in der Umsetzung: Improvisation in diesem Sinne passiert nicht von selbst, sie hatte Struktur und Absprache. Heißt es planlos, hätte man sonst fragen mögen. Kommt Spiel und Gegenspiel? Und wie passt das zusammen? Es passte gut und bot nicht nur Einblick in diese Kunstform, sondern auch ein seltenes Gesamterlebnis.