Politische Runde Politische Runde in Wuppertal spricht über Strategien gegen Rechtspopulisten

Wuppertal · Bei der Veranstaltung der VHS war Politologe Marcel Lewandowsky zu Gast.

Annette Hager unterhielt sich mit Marcel Lewandowsky übere sein Buch „ Was Populisten wollen“.

Foto: Florian Schmidt

Dass das Thema Populismus viele bewegt, zeigte am Montag die Politische Runde mit Marcel Lewandowsky. Rund hundert Neugierige kamen für das Gespräch zwischen dem Kölner Politikwissenschaftler und Moderatorin Annette Hager ins Otto-Roche-Forum. Es ging um die Methoden populistischer Parteien, um die Reaktion der Wähler und um die Frage, mit welchen Mitteln man den Parolen der Populisten begegnen sollte.

Hager sprach von einer beunruhigenden „Großwetterlage“. Ob in den USA, Italien, Österreich oder zuletzt in den Niederlanden – rechtspopulistische Parteien feierten Erfolge. Mit Populismus und Parteien beschäftigt sich Lewandowsky, Jahrgang 1982, seit über 15 Jahren, und wegen des Aufstiegs der AfD „bin ich dieses Thema nicht mehr losgeworden“.

Trotz der ernsten Lage vermeidet der Parteienforscher Vergleiche mit der Weimarer Republik. Damals seien rechte Parteien, allen voran die Nationalsozialisten, erklärte Demokratie-Gegner gewesen. Derzeit erlebe man „eine andere Form der Demokratiefeindlichkeit“, betonte Lewandowsky. Und: „Alle populistischen Parteien sind Kinder funktionierender Demokratien.“

Bevor er das Phänomen näher definierte, las Lewandowsky aus seinem aktuellen Buch „Was Populisten wollen“ vor. Darin geht es auch um Begegnungen, die er während seiner Zeit als Dozent einer amerikanischen Universität hatte. Begegnungen mit Menschen, die von einer polarisierten Gesellschaft reden, den Eindruck haben, „dass man nichts mehr sagen dürfe“, und die Trumps Lüge von der „gestohlenen“ Wahl glauben.

Ähnliche Einstellungen nimmt Lewandowsky in der deutschen Gesellschaft wahr: „Leute glauben tatsächlich, wir leben nicht in einer Demokratie. Das ist der Kern des Populismus.“ Parteien wie die AfD griffen dieses Gedankengut auf und präsentierten sich als wahre Demokraten, die die Interessen des „Volks“ vertreten – im Gegensatz zu „den Eliten“, die den Volkswillen unterdrückten.

AfD habe „relativ großen Kern loyaler Wähler“

Mit der Gesellschaft hätte sich auch die Parteienlandschaft ausdifferenziert, so der Vortragende. Hätten „Volksparteien“ wie CDU und SPD früher selbst Wähler an sich binden können, die für rechte Thesen anfällig waren, seien inzwischen viele zur AfD abgewandert. Er wies zudem auf einen Unterschied zwischen den Rechtspopulisten und allen anderen Parteien hin: „Bei der AfD haben wir einen relativ großen Kern loyaler Wähler.“ Vertreter anderer Parteien seien daher schlecht beraten, wenn sie um die Gunst von AfD-Anhängern buhlten: „Dann passiert entweder gar nichts oder es stärkt die Rechten.“

„Ist jetzt die Zeit für ein Parteiverbot?“, fragte Hager. Ihr Gesprächspartner gab zu bedenken, dass ein Verbotsverfahren Jahre dauern könne. Je länger sich die Sache hinziehe, desto wahrscheinlicher sei es, „dass die AfD davon profitiert“. Für hilfreich hält er dagegen Vereinbarungen der demokratischen Parteien, nicht mit Rechtspopulisten zusammenzuarbeiten. Das Beispiel Thüringen zeige, dass diese Einigkeit noch nicht erreicht sei.

Beim Publikumsgespräch wurde der Mangel an wirksamen Gegenstrategien mehrfach angesprochen. Es gebe zu wenig Politiker, die gegen die Migrationspolitik à la AfD argumentierten, hieß es unter anderem. Der Politikwissenschaftler entgegnete, dass Sachlichkeit nur wenig gegen eine „emotionalisierende“ Sprache ausrichten könne. Ein junger Mann fragte nach dem richtigen Umgang mit „populistischem Gefolge“. Wenn es dem Gegenüber nur um die eigenen Parolen ginge, sagte Lewandowsky, dürfe man auch aus der Situation rausgehen: „Laden Sie das nicht auf Ihre Schultern.“

Er könne Lewandowskys Optimismus nicht teilen, meinte ein Zuhörer und nannte Fälle von Korruption und Vorteilsnahme als Grund für die persönliche „Poltikerverdrossenheit“. Eine Zuhörerin wandte ein, dass gerade das Aufdecken von Fehlverhalten ein Beweis für ein funktionierendes politisches System sei.