Kolumne Protestaktion für Bonobo Bili war falsch verstandene Tierliebe
Wuppertal · Kolumnist Uwe Becker nimmt den Wuppertaler Zoo in der Debatte um Bonobo Billi in Schutz. Von den Tierschützern wünscht er sich Einsatz für andere Dinge.
Als ich mit der Hündin Maja, die meine Frau mit in unsere Ehe gebracht hat, kürzlich spazieren ging, dachte ich daran, dass in meinem großen Herzen auch immer Platz für Menschen ist, mit denen ich nicht direkt befreundet bin, ja, sogar Menschen, die einmal ein falsches Zeugnis gegen mich abgelegt haben, dürfen sicher sein, dass ich auch immer verzeihen kann. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Der Mensch als Menschenfreund sollte immer auch ein Tierfreund sein. Meine Liebe zu Tieren geht soweit, dass ich mir niemals aus eigenem Antrieb ein Tier anschaffen würde, weil die hierdurch übertragene Verantwortung, die ich übernehmen müsste, das Tier in ein von mir nicht gewolltes Abhängigkeitsverhältnis bringen würde.
Als Kind besaß ich zwar Goldfische, Hamster und Wellensittiche, aber es waren Geschenke, die ich nicht ablehnen wollte. Ich beobachte aber gerne Tiere, und erfreue mich am spaßigen Gezänk der frechen Spatzen, um einen Krümel Brot. Allerdings schimpfe ich auch mit Passanten, die sich anscheinend eigens zum Füttern unserer Stadttauben täglich auf den Weg in die City begeben. Die Taube gehört wahrlich nicht zu meinen Lieblingstieren. Sollte dieser Vogel einmal aussterben, dann wäre ich nicht annähernd so traurig wie bei den Nashörnern oder Dinosauriern, obwohl diese Viecher mich natürlich genauso stören würden wie heute die Tauben, wenn ich auf dem Elberfelder Markt, am Imbisswagen des Fraktionsvorsitzenden der Wuppertaler CDU, Michael Müller, in aller Mittagsruhe eine Bratwurst verspeisen möchte. Da kann dann schon mal das große Herz, das ich auch für Tiere habe, ganz kalt und klein werden, wenn diese fliegenden Ratten mir das Brötchen fast aus der Hand stibitzen möchten.
Der Übertritt von Menschen, die eine normale, zwanglose und ehrliche Tierliebe pflegen, auf die Seite derer, die dazu neigen, sich privaten und schlecht recherchierenden Tierschutzbewegungen anzuschließen, ist oft nur ein Katzensprung. Kürzlich versammelten sich einige extreme Tierliebhaber vor unserem Zoo, weil sie sich um ein Bonobo-Männchen sorgten, das von seinen Artgenossen attackiert und verletzt wurde.
Wie ich inzwischen gelesen habe, haben die Verantwortlichen des Zoos in diesem Fall aber gar keine Fehler gemacht, da Machtkämpfe innerhalb eines Rudels auch in freier Natur üblich und nötig sind. Ich halte es generell für höchst schwachsinnig anzunehmen, dass Menschen, die den Beruf des Tierpflegers wählen, Lust dabei empfinden, ihre Tiere zu quälen oder sich an deren Schmerzen zu erfreuen. Ich glaube, die Menschen, die sich dort am Zoologischen Garten zum gemeinsamen Protest gefunden haben, sollten sich zukünftig vorab besser informieren, damit es nicht wieder zu solchen peinlichen Aktionen aus falsch verstandener Tierliebe kommt.
Leider glaube ich, dass einige dieser Tierfreunde den gleichen Einsatz vermissen lassen, wenn es um ertrinkende Frauen, Männer und Kinder ginge, die in fernen Ländern von ihren Artgenossen gequält werden. Passend dazu träumte ich in der letzten Nacht auch prompt, ich wäre bei dieser Protestaktion dabei gewesen und hätte das Bonobo-Männchen mit nach Hause nehmen müssen, da ich am lautesten für seine Verlegung protestiert hätte. Am Ende machte er auch bei mir in der Wohnung Randale, hatte sofort die Fernbedienung in der Hand, trug meine neue Jogginghose, saß breitbeinig auf meinem Sofa und zog meine Frau auf seinen Schoß. Ich habe den artfremden Untermieter dann so dermaßen verprügelt, dagegen waren die Attacken durch seine Artgenossen im Zoo der reinste Besuch auf einem Ponyhof.