Oberlandesgericht Düsseldorf Prozess gegen mutmaßlichen Terroristen aus Wuppertal gestartet

Düsseldorf · Eine tadschikische Terrorzelle des IS soll in Deutschland Mord- und Terroranschläge geplant haben. Als erster aus der Gruppe steht heute ein 30-Jähriger aus Wuppertal vor Gericht.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Seine Leiche sollte nach seiner Ermordung auf „Youtube“ zur Schau gestellt werden: Doch der Islamkritiker Amir A. aus Neuss, ein zum Christentum konvertierter Ex-Muslim, tauchte im April quicklebendig auf der Internet-Videoplattform auf - vermutlich zum Ärger der IS-Führungsriege. Denn er berichtete, dass ein weiterer Mordanschlag auf ihn gescheitert sei.

Als eine Spezialeinheit der Polizei im April zugriff, saß Ravsan B. (30) aus Wuppertal allerdings schon über ein Jahr in Untersuchungshaft. Dennoch war er laut Anklage an der Planung auch dieses Verbrechens beteiligt. Von diesem Dienstag an wird ihm im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichtes der Prozess gemacht.

„Diese Geisteskranken hatten sich sogar schon Waffen besorgt gehabt“, berichtet der Islamkritiker in dem Video. „Diese Leute haben versucht, mich zu ermorden. Um Haaresbreite hätten sie es geschafft.“ Der Staatsschutz habe ihm später erzählt, dass das Mordkommando, eine tadschikische Terrorzelle des sogenannten Islamischen Staats, an einer Tankstelle dicht hinter ihm gewesen sei, als es von der Polizei gestoppt wurde.

Doch das ist längst nicht alles: Um Geld für den Islamischen Staat zu beschaffen, soll sich der Angeklagte zu einem Auftragsmord in Albanien bereiterklärt haben. Dort sollte ein Geschäftsmann umgebracht werden. Dafür sollte die Gruppe knapp 35 000 Euro bekommen. In Albanien sei der Geschäftsmann mehrere Tage vom Angeklagten und seinen Komplizen observiert worden - eine Waffe mit Schalldämpfer habe bereit gelegen.

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft bekamen die Männer aber unmittelbar vor der Tat im Februar 2019 Zweifel an der Identität ihrer Zielperson: Auch kurzfristig über Handys besorgte Fotos brachten keine Klarheit. Die Männer hätten die Aktion abgebrochen und seien zurück nach Deutschland gereist.

Für Anschläge in Deutschland soll der 30-jährige mutmaßliche IS-Terrorist sich Anleitungen für die Herstellung von Sprengstoff und Zündern beschafft haben. Zudem habe er die Schusswaffe für den gescheiterten Mordanschlag behalten.

In Absprache mit einem IS-Führungskader in Afghanistan habe die Zelle dann die Ermordung des Islamkritikers geplant. Als telefonisch eine Übergabe der Schusswaffe verabredet wurde, griff laut Anklage ein Spezialeinsatzkommando zu, nahm den Mann fest und stellte die Waffe sicher.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem 30-jährigen Tadschiken zudem Terrorfinanzierung vor: Er habe über einen Finanzagenten in der Türkei im Februar 2019 in zwei Tranchen insgesamt rund 1000 Euro an ein IS-Führungsmitglied in Syrien überwiesen.

Verteidiger Georg Strittmatter wollte zu den Vorwürfen gegen seinen Mandanten auf Anfrage zunächst keine Stellung nehmen. Der zuständige Strafsenat unter Vorsitz von Richter Jan van Lessen hat bis Mai 2021 zunächst 40 Verhandlungstage für den Fall angesetzt. Daraus kann man schließen, dass die Richter nicht mit einem schnellen Geständnis rechnen.

Laut Bundesanwaltschaft hat sich die Terrorzelle in Flugschulen nach Gleitschirm- und Drachenflügen erkundigt. Die terrorverdächtigen Tadschiken hätten sich auch mit Drohnen und Bombenbau beschäftigt, sagten Vertreter der Behörde am Dienstag im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts.

(dpa)