Ramadan: Schulen sind geübt
Der Verzicht auf Essen und Trinken bringe nur wenige Probleme mit sich. Viele Muslime fasten.
Tagsüber nichts essen und trinken, keinen Geschlechtsverkehr haben, viel beten — für einen Großteil der 30 000 Wuppertaler Muslime gelten seit Donnerstag für einen Monat diese besonderen Verbote und Gebote. Denn der Fastenmonat Ramadan hat begonnen. Gerade das Ess- und Trinkverbot sorgt bei Nicht-Muslimen, bis hin zur Bundespolitik, immer wieder für Unverständnis. Schulkinder müssten regelmäßig essen und trinken, um dem Unterricht aufmerksam folgen zu können, sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey jetzt dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Gesundheit und Schule seien im Zweifel wichtiger als die Religion.
Viele Wuppertaler Schulen gehen gelassen mit dem Thema um. „Bei uns ist das Fasten gar kein Thema“, sagt Claus Wyneken, Leiter des Gymnasiums Am Kothen. „Vielen Schülern merkt man das Fasten gar nicht an“, sagt Britta Jesinghaus-Eickelbaum, stellvertretende Schulleiterin des Gymnasiums Bayreuther Straße. Bei einigen schlage der Verzicht tagsüber auf Essen und Trinken aber schon auf die Konzentration. Doch es herrsche Religionsfreiheit und die wolle die Schule nicht einschränken. Allerdings könne man deshalb keine Prüfungstermine verlegen.
An der Gesamtschule Else-Lasker-Schüler hat man seit Jahrzehnten Übung im Umgang mit dem Ramadan. Denn bei einem Ausländeranteil von 80 Proze+nt, darunter viele Muslime, stehe der Ramadan fest im Kalender, sagt Schulleiterin Dorothee Kleinherbers-Boden. „Wir haben aber keine Probleme mit den schulischen Abläufen“, sagt sie. Die Lehrer achteten mit darauf, dass sich die Schüler nicht überanstrengten und erinnerten zum Ende des Fastenmonats die Schüler daran, dass sie eine Beurlaubung beantragen können. Das einzige nennenswerte Problem trete beim Schwimmen auf. „Manche wollen dann nicht gerne schwimmen, weil sie dann aus Versehen Wasser schlucken könnten“, sagt Kleinherbers-Boden. Ansonsten komme es im Schulalltag, gerade bei heißem Wetter, immer mal wieder zu Kreislaufproblemen. Da sei es für Schulsanitäter und Lehrer natürlich hilfreich zu wissen, es könne auch am Fasten liegen. Und wenn ein Schüler mal etwas gereizter sei als sonst, könne das Wissen um den Fastenmonat ebenfalls das Verständnis erhöhen. „Insgesamt ist viel Fingerspitzengefühl gefragt“, sagt Kleinherbers-Boden.
Mit dem Thema Trinkmangel dürfte es ihrer Meinung nach gar keine Probleme geben. Denn ein Totalverbot stehe gar nicht im Koran. Darauf weist auch Mohamed Abodahab, Vorsitzender des Interessenverbands Wuppertaler Moscheen, hin: „Wenn es jemandem gesundheitlich schlecht geht, ist es sogar gar nicht erlaubt zu fasten“, erklärt Abodahab. Und Kinder sollten ohnehin erst ab der Pubertät voll fasten. Ein gesunder Mensch halte das übrigens gut aus. „Dann gehe ich eher am frühen Abend zum Sport, wenn ich weiß, es ist nicht mehr lange bis zum Sonnenuntergang.“
Abodahab erlebt den Ramadan als sehr positiv. „Wir leiden keine Qualen und keinen großen Hunger, sondern es ist ein wichtiger, schöner Monat, in dem wir unsere Spiritualität besonders leben können“, sagt Abodahab. „Es ist ein schönes Gefühl, sich Gott voll zu ergeben“, sagt er. Das Fasten stärke das Gemeinschaftsgefühl in Familie und Gemeinde. Abodahab mag es, dass es besondere Gebete gibt, die Moschee abends gut gefüllt ist. Doch nicht jeder müsse fasten und tue das auch. Wie man seinen Glauben ausübe, sei jedem selbst überlassen. Abodahab schätzt, dass 70 Prozent der 30 000 Muslime in Wuppertal fastet. Und er lädt alle Wuppertaler zum Ramadan-Fest am 25. und 26. Mai auf den Rathausvorplatz ein. „Es soll ein Fest der Zusammenkunft, Toleranz und des Friedens werden.“