Reihe Unital: Aufbruch zu den offenen Fragen des Marxismus
Im Rahmen der Reihe Unital fragt Smail Rapic, ob der Marxismus scheitern musste.
Wuppertal. „Die Wende“ galt 1989 im Westen als Rückkehr der Abtrünnigen in den Schoß der einzig zukunftsfähigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Knapp zwei Jahrzehnte später zeigte die Finanzkrise, dass der Kapitalismus kein so unerschütterliches System ist, wie seine Apostel es vorbeten.
Im Rahmen der Reihe Unital stellt Smail Rapic, Philosophieprofessor an der Bergischen Universität, das Gewesene noch einmal auf den Prüfstand. „Höllenfahrt einer politischen Utopie? Das Ende des Marxismus und seine offenen Fragen“ lautet der Titel seiner Vorlesung, zu der die Gesellschaft der Freunde der Bergischen Universität und die Westdeutsche Zeitung am Donnerstag, 24. Mai, um 19.30 Uhr in die Citykirche Elberfeld einladen.
Als Kind aus dem damaligen Jugoslawien nach Deutschland gekommen, nahm der 1958 in Zagreb geborene Rapic früh die Kehrseiten westlicher Systeme wahr und konnte in ihnen kein Vorbild sehen. „Mit Gaddafi etwa wurden wunderbar Geschäfte gemacht. Der Westen ist sehr gut mit ihm ausgekommen.“
Rapic, der Philosophie, Germanistik und Mathematik studierte, widmet sich vor diesem Hintergrund der Frage, ob die Höllenfahrt, auf die sich der Marxismus einst begeben hat, wirklich unvermeidlich war und ob über die Ideologie von Marx und Engels doch wieder neu nachgedacht werden müsse.
Als Schlüsselfigur der jüngeren Geschichte sieht Rapic den ehemaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow. Er habe die Sowjetunion von innen heraus demokratisieren wollen, bevor er von den Ereignissen überrollt wurde. Auch der späte Engels sei für einen parlamentarischen Sozialismus eingetreten, wie die neuere Forschung zeige. Die Entwicklung zum Ersten Weltkrieg sei fatal gewesen, denn erst mit ihr habe sich die scharfe Trennung zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten vollzogen. Mit ihr auch wurde es möglich, dass Machthaber im Osten zur Höllenfahrt aufbrachen.
„Wir stehen alle auf den Schultern von Karl Marx.“ Auf diesen Satz des Theologen und Nationalökonomen Oswald von Nell-Breuning beruft sich Rapic und merkt an, dass wir in einer Phase der Umorientierung leben. Wer die Perspektiven beurteilen wolle, müsse den Blick auf China richten. Beruhigend sei jedenfalls, dass im Zuge der Finanzkrise eben nicht der Ruf nach dem starken Mann aufgekommen sei.