Reizgas im Kino: Medienprojekt kritisiert Polizeiermittlungen

Nach offenem Brief lädt Polizeipräsidentin zum Gespräch.

Wuppertal. Fast ein Jahr nach dem Reizgas-Angriff von Neonazis im Cinemaxx — mehrere Besucher eines Aufklärungsfilms über Neonazis wurden verletzt (siehe Kasten) — kritisiert das Medienprojekt die Ermittlungen der Polizei. Volljährige Zeugen seien geduzt und nicht ernst genommen worden, heißt es in einem offenen Brief an die Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher. Die reagierte am Montag mit einer persönlichen Einladung an die vier Unterzeichner des offenen Briefs. Vernehmungssituationen eines laufenden Ermittlungsverfahrens werde man jedoch nicht kommentieren.

Wie berichtet, hatte die Staatsanwaltschaft das Verfahren — der Vorwurf lautet unter anderem Landfriedensbruch — Ende August eingestellt. Begründung: In dem „tumultartigen Geschehen“ könne man keinem der Verdächtigen — sie sollen vermummt gewesen sein — konkret eine strafbare Handlung zuordnen. Auf Betreiben des Medienprojekts — unter anderem wurde eine Zeugenliste vorgelegt — wurde das Verfahren wieder aufgenommen.

Laut Medienprojekt liefen die Vernehmungen der neuen Zeugen allerdings in einer Atmosphäre ab, die an der Ernsthaftigkeit der Ermittlungen zweifeln ließen. „Ich soll hier Zeugen vernehmen, die allesamt nichts gesehen haben“, soll einer der Beamten während der Vernehmung gesagt haben. Laut Medienprojekt sei allen Zeugen deutlich gemacht worden, dass das Verfahren aussichtslos sei.

Laut Kripo stehen insgesamt 13 Personen auf der vom Medienprojekt eingereichten Zeugenliste. Etwa die Hälfte sei bereits vernommen worden. Laut Staatsanwaltschaft ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen.

Das Medienprojekt wies am Montag gegenüber der WZ daraufhin, dass der offene Brief keine Fundamentalkritik an der Polizei darstelle. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Der Polizei kommt als innenpolitisches Gewaltmonopol in unserer Rechtsordnung in der Bekämpfung von Rechtsextremismus eine Schlüsselrolle zu.“

Fakt ist: Polizeipräsidentin Radermacher hatte nach den Vorfällen während des diesjährigen Flohmarkt-Wochenendes in Vohwinkel — mehrere Personen des linken Spektrums wurden von Neonazis angegriffen — mehr oder weniger direkt für einen offenen, friedlichen und sichtbaren Protest der Wuppertaler Bürger geworben. Am anschließenden Schweigemarsch durch Vohwinkel am 9. November nahmen mehr als 2000 Wuppertaler teil.