Corona „Planung fehlt“: Risikogruppen-Lehrer werden in Wuppertal notdürftig ersetzt
Wuppertal · Die Gewerkschaft GEW kritisiert das Land für fehlende Vorgaben. Sozialdezernent Stefan Kühn sieht dagegen ein hohes Verantwortungsbewusstsein.
Wenn in dieser Woche die Schule unter erschwerten Bedingungen wieder beginnt, gehört zu den Herausforderungen auch der durch das Corona-Virus verschärfte Lehrkräftemangel. Wer aus Alters- oder Krankheitsgründen der Risikogruppe angehört, wird nicht unterrichten können. Richard Voß ist Mitglied des Leitungsteams der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Wuppertal. Er berichtet, dass städteübergreifend von einer pandemiebedingten Ausfallquote von 20 Prozent ausgegangen wird; eine Zahl, die mit großer Vorsicht zu genießen sei. Zum kommenden Schulstart muss wieder ein Attest vorgelegt werden, was auch dazu führen kann, dass viele Lehrpersonen nach Krankheits-Pause wieder in ihren Dienst eintreten. Ein Wunsch, der aktuell zahlreich geäußert wird. „Ich erlebe viele, die sagen: ‚Wir wollen die Kinder unterstützen‘“, berichtet Voß.
Auch Schuldezernent Stefan Kühn hat bereits Rückmeldungen vom Lehrpersonal bekommen. Ihn erreichen ebenfalls Stimmen, die sich froh um den Wiederbeginn mit Präsenz-Unterricht in den Klassenzimmern zeigen. Die Bildungsschere gehe zur Corona-Zeit immer weiter auseinander, weil die Homeschooling-Bedingungen für jedes Kind sehr unterschiedlich seien. Darum appelliert Kühn auch zum Start des Unterrichts vor Ort: „Es kommt auch auf die Eltern an.“ Kinder müssten nun zur Schule geschickt werden, auch bei Sorgen zum Infektionsrisiko. „Die Schulen gehen ausgesprochen verantwortungsvoll mit der Situation um, sie tun alles dafür, die Risiken zu reduzieren“, versichert der Dezernent. Für alle Beteiligten bleibe es trotzdem „natürlich eine Herausforderung“.
Der Markt der Lehrkräfte
ist weitgehend leergefegt
Auch Gewerkschafter Voß sieht hohe Hürden. Die durch Risikopatienten wegfallenden Stellen werden durch Lehrkräfte in der Ausbildung aufgefangen; „der Markt ist leergefegt“. Auch ein Wechsel vom Gymnasium zur Grundschule ist möglich, diese Notlösung sorgte gleich für Ärger beim Thema Bezahlung. Voß findet: „Eine langfristige Planung fehlt.“ Nun werde deutlich: „Man kann sich Lehrer nicht von heute auf morgen backen.“ Er macht der für die Bildung verantwortlichen Landesregierung auch deshalb Vorwürfe, weil während der Krise „Rahmenbedingungen der Digitalisierung nicht geklärt waren“. So habe es keine einheitliche Fortbildung für das Lehrpersonal gegeben. Nun muss viel Lernstoff aufgeholt werden, „die Kinder baden es letztendlich aus“, klagt Voß.
Kurz vor Schulbeginn kann er nach der langen Pause aber doch feststellen: „Die Freude überwiegt bei mir“.