Ernährung Ronsdorfer Start-Up macht Kakaofruchtsaft aus Nahrungsabfall
Wuppertal · Julian Kratz will den Markt für ein neues Getränk begeistern – der Verkaufserlös soll soziale Projekte in Afrika unterstützen.
Julian Kratz lässt den Fruchtsaft aus dem Drei-Liter-Karton langsam ins Glas fließen. Das Getränk hat eine milchige Farbe und erinnert beim Trinken an einen Fruchtsaft irgendwo zwischen Litschi- und Guavengeschmack. Es ist süß, aber nicht aufdringlich und stillt den Durst. Wenn Kratz die Verkoster fragen würde, was für ein Getränk sie gerade konsumieren, dürften vermutlich nur wenige mit ihrem Tipp richtig liegen: Es handelt sich um Kakaofruchtsaft, den der 30-jährige Jungunternehmer aus Wuppertal über ein schweizerisch-ghanaisches Start-up aus Westafrika bezieht, in Deutschland in Flaschen abfüllen lässt und ab dem 25. Juli hierzulande vertreiben will – per Internetversand oder für Selbstabholer.
Mit dem Vertrieb in Deutschland möchten Kratz und sein Mitstreiter Björn Ten Eicken einen Beitrag zu Nachhaltigkeit und Entwicklung leisten. „Bislang wurde das Kakaofruchtfleisch zur Fermentation der Bohnen verwendet, von den Bauern selbst gegessen oder weggeschmissen“, erzählt er. Durch die Nutzung dieses sogenannten Food Waste (Nahrungsabfall) zur Gewinnung eines Fruchtsaftes verdienten die Kakaobauern nun etwa 30 Prozent mehr. Zudem möchte Kratz die Bauern von dem Geschäft mit dem unter dem Namen „Majus – Jus de Cacao“ vertriebenen Getränk profitieren lassen. So sollen zehn Cent pro verkaufte Flasche an Bildungsprojekte in Afrika gehen.
Bislang kann der Kakaofruchtsaft des Schweizer Lieferanten Koa in Deutschland nicht vom Endverbraucher gekauft werden, da er vorrangig als Zutat für süße und salzige Speisen in Restaurants oder für Cocktails verwendet wird. Zudem wird der Kakaofruchtsaft in der Schokoladenindustrie als natürliches Süßungsmittel eingesetzt. Nun möchte Kratz den Publikumsmarkt für das Getränk erschließen. „Damit sind wir die ersten in Deutschland.“ In Glasflaschen mit einem Volumen von einem Viertelliter wird der Saft verkauft. Die erste Charge mit rund 4000 abgefüllten Flaschen kam in dieser Woche an, ab dem 20. Juli sollen die Behältnisse etikettiert werden. Unterstützung erhält er dabei von seinem Vater Manfred Kratz, der seine Firmenräume teilweise zur Verfügung stellt. Für die Lagerung wurde ein Kühlcontainer angeschafft.
Für den Endverbraucher strebt Kratz, der nach seinem Fachabitur eine Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher absolviert hat, einen Verkaufspreis von 6,50 Euro an. Sicherlich kein Schnäppchenpreis, aber eine Summe, die von alternativ gesinnten Menschen, anspruchsvollen Genießern oder Verbrauchern mit Interesse an gesunder Ernährung gezahlt werden könnte. An diese Zielgruppen richtet sich auch die Initiative mit dem Motto „Trink mich leer – 10 Cent mehr“, die die Jungunternehmer gestartet haben. Zudem möchte Kratz den Kakaofruchtsaft über den Getränkefachhandel anbieten – dann zu einem niedrigeren Tarif. Erste Kontakte mit einem großen Getränkemarkt in Wuppertal sind geknüpft.
Kontakt zu Kakaobauern kam
über ein Entwicklungsprojekt
Für die Gestaltung der Etiketten zeichnet Designerin Jule Lucia Companie verantwortlich. Sie hat das Design entwickelt und mit Kratz abgestimmt. „Das hat schon über mehrere Wochen gedauert“, erzählt sie. Als Motive nahm sie eine angeschnittene Kakaofrucht und eine Kakaoblüte. Das Produktdesign wirkt gediegen: „Wir wollen damit deutlich machen, dass der ‚Jus de Cacao‘ etwas Besonderes ist“, betont Kratz. Für ihre Mitarbeit wird die Designerin am Verkaufserlös beteiligt.
Über ein Entwicklungsprojekt war der 30-Jährige im Jahr 2013 in Kontakt mit Kakaobauern in Ghana gekommen, hatte den Kakaofruchtsaft gekostet und war von dem Geschmack überzeugt worden. Die Unterstützung für soziale Zwecke liege in der Familie und sei auch in der Firma der Familie immer ein Thema gewesen, erzählt er. Innerhalb von zwei bis drei Monaten möchte er die erste Charge seines „Jus de Cacao“ verkauft haben. Zudem will er das Angebot nach und nach durch weitere Fruchtsäfte – etwa Konzentrate – erweitern. Auch die Umstellung auf Pfandflaschen ist angedacht.
Die Koa Switzerland AG begrüßt die Unterstützung aus Deutschland. „Es freut uns riesig, dass unser Projekt so positive Resonanz erzeugt und so motivierte sowie engagierte Menschen wie Julian daraus so tolle Produkte herstellen“, erklärt die Geschäftsleitung. Beide Unternehmen teilten „dieselben Werte“.